Er ist Nachtwächter, Genealoge, Lokalhistoriker und Bad-Leader: Michael Lehner in Laa an der Thaya in Österreich. Nachtwächter ist er natürlich nur für Touristen, die die tolle Stadt Laa besuchen.
Michael Lehner fand mich. Und so sollte das ja auch funktionieren. Er googelte weiter als bis zum dritten Ergebnis - by the way, das tun nur runde 25 Prozent aller Suchenden - und las dann auch die komplette Seite durch.
Er schickte mir mehrere Dokumente, darunter den Titel und eine Kopie des Eintrages, der klar bewies, dass da ein Veit Bach in Hanfthal lebte. Und Hanfthal ist in kurzer Laufdistanz zu Ungerndorf. Und das nannten die Menschen damals auch kurz Unger.
So hatte ich über runde zwölf Jahre Forschung sogar zwei Ungern gefunden. Einmal war es das Ungerland in Böhmen, dort damals auch zu Ungern verkürzt. Diese Forschungsergebnisse bleiben auch mit dem jüngsten Fund weiterhin gültig. Und dann "tauchte ein zweites Ungern auf". Das in Österreich. Nun fanden die Termini endlich zusammen. Alles passt sowohl zum "Ursprung" als auch zur "Musicalischen Bibliothek". Und ein 270 Jahre andauerndes Rätsel ist final geklärt. Dankeschön, Michael Lehner.
Ungerndorf ist für Bach-Genealogen von heute der bedeutendste Fund, nachdem man über 270 Jahre lang gestritten, gemutmaßt, orakelt und voneinander abgeschrieben hat, von wo denn die Bachs nun rund um die Jahrhundertwende im Jahr 1600 entfleucht sind. Also, um genau zu sein, kann man das nicht ganz genau definieren, aber so ungefähr ziemlich präzise ... das geht schon. Mindestens waren zwei Familienvertreter im Jahr 1619 (... wieder) in Thüringen. In Wechmar. Nämlich Veit Bach, Urvater der Musiker-Dynastie und sein Sohn Hans, Hans der Spielmann. Hans überlebte seinen Vater. Aber nicht wirklich lange.
Nun schrieb Bach seinen „Ursprung der musicalisch-Bachischen Familie“ im Jahr 1735 und in ihm schrieb er nieder, dass diese, seine Familie aus Ungern kam. So erzählte es Hans der Spielmann dessen Sohn Christoph. Der wiederum erzählte es dessen Sohn Johann Ambrosius. Und dieser berichtete davon seinem Sohn Johann Sebastian Bach. Und auch der erzählte es weiter. Wahrscheinlich jedem seiner Kinder, wenn die denn nicht zu früh verstarben. Nun stritt sich also die Welt nach Johann Sebastian Bach. Also die, die es interessierte.
Was meinte Bach mit Ungern? Meinte er wirklich Ungern oder meinte er Ungarn? Inzwischen wissen wir es. Er erzählte, schrieb und meinte Ungern. Und nicht Ungarn. Woher wir das wissen? Nicht aus dem „Ursprung“ ... er ist heute definitiv irrelevant für die sehr frühe Bach-Geschichte. Im Gegenteil: Er führt mächtig in die Irre. Wie kommt das und warum ist bei Wikipedia und sonst wo niemand derselben Meinung? Die Erkenntnis ist frisch. ganz frisch. Gemessen an den 270 Jahren niedergeschriebenem Unfug ist sie eigentlich eine noch mehr als junge Erkenntnis. 2022 erst war nämlich das Rätsel schließlich gelöst. Mit einer ganz speziellen Art und Weise, Genealogie zu betreiben. Dazu lesen Sie viel mehr im Kapitel „Bach-Genealogie“.
Warum also ist der Ursprung, der so vielen als Stammbaum der Musikerfamilie galt, nicht von Bedeutung? Und warum trägt er sogar zum Tohuwabohu bei? Wie kann ich so etwas behaupten? Nun, mein Hobby im Hobby ist die „schlanke“ Genealogie zur Musikerfamilie „ab Veit Richtung Christi Geburt“. Renate, meine Frau, interessiert alle Bachs der Musikerfamilie. Mich interessiert nur der Vater von Johann Sebastian Bach, dessen Vater, dessen Vater und dessen Vater ... sowie deren Vater zuvor. Keine Brüder, Schwestern oder sonstwer der Bachs.
Und damit bin ich am Ziel meiner Wünsche und meiner Forschung angekommen. Ich „habe fertig“. Für die Bach-Genealogie, vor allem für die sehr frühe, ist nicht der Ursprung von Bedeutung, sondern das, was Johann Sebastian Bach 1732 seinem Freund und Verleger Johann Gottfried Walter erzählte. Und was der dann als seine „Musicalischen Bibliothek“ drucken ließ und veröffentlichte. Und das kann man heute noch nachlesen. Auch Sie können das ... hier und jetzt. Im nächsten Bild. Bach erzählte, dass sein Ururgroßvater aus Ungern kam. Ungern mit einem „ e “. Also meinte er ganz klar eben nicht Ungarn, was man später, also heute, in zwei Abschriften des Ursprungs nicht mehr herausfindet. Diese beiden Abschriften sahen so auch schon zu der Zeit aus, als Forkel, 1802, die erste bedeutende Biografie über den Thomaskantor schrieb. Halt, halt ... vielleicht war die eine noch unversehrt und frei von Flecken. Auf beiden Abschriften ist heute nämlich nicht (... mehr) lesbar, ob es sich bei dem „Wort der Begierde“ um ein „ e “ oder ein „ a “ handelt. Aber ... egal. Forkel hätte nicht im Ursprung nachschauen sollen, sondern in der Musicalischen Bibliothek von Bach-Freund Walther.
Nun kommen wir zu Carl Philipp Emanuel Bach, dem Schlingel. Denn er beugte die Geschichte. Die Geschichte seines Vaters und die Historie, beides! Wir können davon ausgehen, dass J.S. Bach nicht seinem Freund von Ungern erzählte, ... aber seinen Kindern von Ungarn. Also hat Carl Philipp Emanuel nach Bachs Tod gedacht, er stellt das doch 'mal klar. nämlich dass der Papa Ungarn meinte, wenn er Ungern sagte. Was nicht okay ist, denn das ist eine Bewertung der Fakten. Er hätte seinen Nekrolog auf den Vater, eine erste Bach-Kurzbiografie, mit dem Terminus Ungern belassen müssen. So schuf Johann Sebastian Bachs zweitberühmtester Sohn die Basis für 270 Jahre Unfug. Ein Herr Korabinsky nahm das dann auch noch als nette Vorlage und setzte einen drauf. Aus Preßburg ... behauptete der 'mal schnell, kamen die Bachs, weil er dort ein Orban Pach in den Analen der Stadt gefunden hatte.
Seit dieser Zeit also schrieben nun alle Bach-Biografen, bis auf ganz wenige, einer vom anderen ab. Und die Herkunft aus Ungarn schlich sich „halt so ein“. Sie ist heute noch in vielen, vielen Nachdrucken und Artikeln sowie auch Publikationen im Internet präsent. Selbst der Wikipedia-Artikel wird wohl niemals hin zur tatsächlichen Geschichte verändert werden. Nach genügend Frust mit Wikipedia ist das denn auch nicht mein Ziel. Zu viele Torwächter und Türsteher sind eine unüberwindbare Hürde. Nicht nur in Sachen Bach. Dagegen findet sich – neben Wertvollem – dann aber auch so viel „Quark“ in der Wikipedia, dass man ohne ein jeweils weiteres Recherchieren oftmals nicht auskommt.
Wann begann meine Forschung nach der „schlanken“ Genealogie der Familie Bach, als sie noch nichts mit Musik „am Hut hatte“? Ich habe 2012 begonnen. 2015 hatte ich schließlich genügend Quellenmaterial gefunden und konnte die Abstammung aus Böhmen wiederentdecken. Warum wiederentdecken? Nun, eine Gruppe von Forschern – Profis und Amateure – hatten in den Jahren vor und nach 1950 bereits herausgefunden, dass die Bachs von Ungernland zurückwanderten. Nach Wechmar. Von Böhmen.
Ungernland war ein Landstrich in der heutigen Tschechei. Weit, weit weg von Ungarn. Und die Bachs stammen zudem auch nicht aus Böhmen. Denn sie lebten schon vor der Zeit des Veit Bach in Thüringen. Genauer? In Gräfenroda. Von dort wanderten sie aus. Woher man das heute weiß? Aus einem „verschollenen“ Kirchendokument, in dem steht, dass der Vater eines Hans-Veit Bach in der Bachfamilie, zusammen mit dessen Bruder, um den Reisesegen für diesen Sohn Hans-Veit gebeten hatte. Hans Bach ist damit der erste urkundlich erwähnte Bach in der Familiengeschichte. Weil es wichtig ist, nochmals: nicht der erste Bach in der musikalischen Bachfamilie. Das war, ist und bleibt Veit, der Stammvater.
1504 ist das jüngste Datum, dass man – urkundlich belegt – noch heute mit der Musikerfamilie in Verbindung bringen kann. In der unter Bachkennern bekannten „Kirchenbuße“ erwähnt ein Verwandter von Johann Sebastian Bach die „weltberühmte musicalische Familie von 1504“. Und das war lange vor 1735. Auch aus Kirchendokumenten wissen wir, dass Hans der erste erwähnte Bach in Gräfenroda war. Einzig ist absolut unklar, was da 1504 gewesen ist. Die Geburt von Hans? Oder ist Hans 1504 nach Gräfenroda gezogen? Wir wissen es nicht. Und wir werden es auch niemals herausfinden.
Zurück zu dieser Forschergruppe, die in den Jahren vor und nach 1950 herausfand, dass die Bachs nach Böhmen aus- und aus Böhmen später wieder einwanderten. Dieses Wissen wurde vom Kultusministerium der damaligen DDR nur insofern zur Kenntnis genommen, als man nicht interessiert war, das auch zu publizieren. Man wollte – so wörtlich – nicht vom bekannten Bachbild des Albert Schweitzer abweichen. Schweitzer war einer der berühmten Bach-Biografen. Und so verschwand dieses Wissen in über einem halben Jahrhundert wieder in der Bach-Geschichte, die heute aus runden 77.000 Publikationen besteht.
Diese Forschungsergebnisse konnte ich mit vielem Suchen, Forschen und Reisen 2015 schließlich wiederentdecken. Ich publizierte meine Ergebnisse mit meiner Homepage und bat Besucher meiner Website, sich doch bitte bei mir zu melden, wenn sie etwas Spannendes zum Thema wüssten. Diese Bitte ist noch heute dort formuliert. Und tatsächlich meldete sich nach ganzen sechs Jahren Buchhändler Michael Lehner.
Der Band von 1590 bis 1592: Da bekommt man schon Gänsehaut, wenn man vor sich sieht, wonach man zwölf lange Jahre forschte.
Hier steht es in aller Deutlichkeit. Es ist von Veit Bach aus Hanfthal die Rede: Er bekommt einen Anpfiff und das ist für die Ewigkeit festgehalten. Datenschutz vor mehr als 500 Jahren ... mit einem Schmunzeln. Bei mir können Sie übrigens selbst lesen, was in diesem Text steht, nämlich über die PDF unten: In unsere Sprache „übersetzt“ ist es aber dort noch nicht. In den kommenden drei Jahren ... dann also 2024, 2025 oder 2026 ... stellen wir dieses Motiv auch bei Flickr ein, dann können Sie es selbst hochauflösend prüfen. Und in eine Sprache übertragen, wie man sie heute spricht ... schaun' wir dazu 'mal. Unter der Anzeige geht's weiter.
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„Bach 4 You“ ist der Spezialist, wenn es um Bach-Büsten, Bach-Statuen, Bach-Zinnfiguren und Bach-Männchen aus dem Erzgebirge geht
Und was ist in der Überschrift oben nicht erwähnt? Richtig, das Playmobil-Bach-Männchen. Etwas für sehr hartgesottene Bachfans in der ganzen Welt.
„Bach 4 You“ ist auch der Spezialist, wenn es um Musik-Kalender geht. Die gefragtesten? Der Orgel-Kalender, der Engel-Kalender, die Opernhäuser in der Blauen Stunde, der Komponisten-Kalender mit den konservativsten Komponisten-Porträts und ein Bach-Kalender, der aber nicht in der Collage vertreten ist.
Das Video ohne störenden Text. Ungerndorf bei Laa an der Thaya in Bildern. Dazu ein Werk von Bach.
Der Ortseingang von Ungerndorf ... also ... einer davon.
Ein hübsches Arrangement in der Mitte von Ungerndorf: der Kapellen-Platz.
Richtig ... viel zu sehen gibt es nicht ... aber diese Häuser sind eine spannende Ansicht.
Ein Blumengruß am Ortsrand.
... und weitere spannende, historische Architektur.
Bachstädte, Bachorte. Mehr Bilder von Ungerndorf gibt's hier mit einem Klick. Oben ist es das Getinkreuz-Marterl.
Ungerndorf ist Kastralgemeinde in der Stadtgemeinde Laa an der Thaya. Laa liegt unmittelbar an der österreichisch/tschechischen Grenzen, exakt senkrecht über Wien. Man fährt von Laa nach Wien in ungefähr einer und einer Viertelstunde. Für deutsche Leser: Eine Kastralgemeinde in Österreich ist eine administrative Einheit zur Flächenabgrenzung für statistische und geografische Zwecke ohne Selbstverwaltung, eingetragen im Grundbuch. Damit liegt Laa und auch Ungerndorf ganz am oberen Rand des österreichischen Weinviertels. Und das war die Definition des Begriffs von ChatGPT, der künstlichen Intelligenz.
Zwischen 907 und 955 wurde Ungerdorf gegründet und gehörte anschließend mal dieser Macht, mal der anderen. Zum ersten Mal urkundlich erwähnt ist Ungerndorf aber erst 1304. Bis in unsere Tage ist Ungerdorf immer wieder - wegen seiner strategischen Lage - Schauplatz heftiger Schlachten, Plünderungen und Brandschatzungen geworden. Zum letzten Mal passierte das im Zweiten Weltkrieg.
129 Seelen zählt Ungerdorf. Da kommt natürlich 'mal eine Person dazu. Und 'mal ist eine weniger. Mit 129 Einwohnern ist Ungerdorf tatsächlich der kleinste Bachort unter mehr als über 30 Bach-Locations. Sogar kleiner als die kleinsten Bachorte, in denen Johann Sebastian Bach einst nur ganz kurz gewirkt hat.
Fast selbstverständlich hat Ungerndorf eine eigene Homepage. Als Bachort ist das fast selbstverständlich, aber es gab sie natürlich schon lange, bevor diese Besonderheit erforscht war. Ortsvorsteher Thomas Appel stellt den Ort sympathisch vor und man erfährt auf den Seiten über Spannendes in der Gemeinde. Es gibt eine Freiwillige Feuerwehr, immerhin fünf Vereine, eine Gaststätte, nämlich das Gasthaus Olschnegger und eine Dorfzeitung. Sogar für Touristen gibt es eine herzliche Einladung. Und viele Fotos krönen die Arbeit des Webmasters. Wenn man sich die Veranstaltungs-Seite ansieht, dann ist dort eine gewaltige Menge an Events aufgeführt. Und so ist Ungerndorf heute ... ein richtig sympathischer Bachort.
Ungerndorf auf der Karte: nördlich von Wien und damit am einen Fußmarsch von 123 Stunden entfernt vom Rand des „Landes der Bache“ in Thüringen, nämlich von Wechmar ... oder, wenn Sie es ein wenig cooler auch akzeptieren, dann 600 Kilometer entfernt von „Bach Country“.
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