BACH über BACH
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Biografie? Kurzbiografie? Johann Sebastian Bach ... das Leben des Meisters in 60 Minuten

Johann Sebastian Bach - Text zum Lesen, Bilder zum Ansehen, Videos zum Erleben - das finden Sie auf diesen Seiten meiner Johann-Sebastian-Bach Homepage. Genießen Sie den Lesespaß in vielen Varianten: mit Bach-Videos, durch die Sie die Bachstädte und Bachorte kennenlernen können. Oder mit vielen Videos ohne gesprochenen Text, dafür jeweils mit einem von Bachs bekanntesten Werken - und dazu Bilder der Bachstädte und Bachorte. Oder Sie lesen die Kurzbiografie in 25 Minuten und schalten sich einfach die Musik von Bach auf dieser Seite "dazu ein".

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Ab hier ... wird Bach multimedial

Die mit 60 Minuten Lesespaß längste Kurzbiografie der fünf über Johann Sebastian Bach bietet Ihnen etwas ganz Besonderes. Sie haben eine Wahl. Zunächst: beide Texte dieser Biografie zu Bach sind identisch. Eins zu eins. Version 1 ist gleich Version 2. Allerdings können Sie sich Abschnitt für Abschnitt verschiedene kleine Video-Stadtportraits ansehen und anhören. Entscheiden Sie sich also bitte für die Version A oder die Version B. Hier der Unterschied:

 

In der Version A dieser Kurzbiografie über Johann Sebastian Bach mit ihren runden 60 Minuten Lesezeit biete ich Ihnen zusätzlich kleine Shows an, und zwar über die Wohn- und über die Wirkungsorte des Komponisten. Auch gibt es eine kleine Show über Wechmar, eine über Erfurt und eine über Gotha: zwei sind Bach Locations, wenn auch keine Städte und Orte, in denen Johann Sebastian Bach mehr als einmal oder nur ultrakurz wirkte. Wechmar ist deshalb von Bedeutung, weil hier Alles rund um die Musikerfamilie begann. Alle diese kleinen Shows sind richtige, aber trotzdem kurze Portraits der Städte und Orte heute. Es gibt in ihnen von Profis gesprochene Information und sie sind sowohl mit Musik von Bach, wie auch mit aktueller Musik untermalt. Wenn Sie diese Version lesen möchten, dann bleiben Sie gerne auf dieser Seite

 

Anders die Version B. In der zweiten Variante haben Sie die Möglichkeit, sich Abschnitt für Abschnitt die Orte und Städte anzusehen und Musik von Johann Sebastian Bach anzuhören. Ohne gesprochenen Text. Maximal in einer Länge von jeweils drei Minuten pro Video. Ich habe für Sie meine schönsten Fotomotive der vielen Bachstädte und Bachorte ausgesucht und zusammengestellt. Also: kein Text,  Sie hören demnach ausschließlich, was Bach komponierte. Und Sie sehen ausschließlich, was Bach fotografierte. Also, ich meine zum letzten Satz: Was ich in den vielen Bachstädten und Bachorten für Sie bei bestem Wetter fotografiert habe. Das habe ich dort zur Musik von Bach zusammengestellt.

 

Es lohnt sich also, zu den drei längsten Versionen meiner Kurzbiografien zu erkunden, was es an multimedialem Schnickschnack gibt. Dabei sind die Shows über die Bachstädte und die Bachorte eher schnell, "auf den Punkt" und mit sehr kurzen Standzeiten der Bilder und Filmsequenzen. Dafür erfahren Sie aber etwas über die jeweilige Bachstadt. Im Gegensatz dazu sind die Musik-Videos (Version B) primär der Musik von Johann Sebastian Bach gewidmet. Deswegen sind die Standzeiten der Bilder viel, viel ruhiger und so haben Sie viel mehr Muße, sich die wunderschönen Fotos der Bachstädte und Bachorte anzusehen. Und es gibt eben keinen gesprochenen Text.

 

Entscheiden Sie sich gerne für eine Variante - jetzt. Version A? Lesen Sie einfach weiter. Version B? Klicken Sie bitte hier. Oder Sie bevorzugen die 30 Minuten lange Kurzversion mit der zuschaltbaren Hintergrundmusik von Johann Sebastian Bach? Dann klicken Sie bitte hier.


 

Johann Sebastian Bach

Johann Sebastian Bach auf einer amerikanischen Zeitschrift von 1935 für 35 Cent, damals. 


 

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Alles beginnt in Wechmar

Das Video Nummer 1 zur Kurzbiografie über Johann Sebastian Bach: eine kleine Show mit Information. Sehen Sie sich an, wie Wechmar heute aussieht. Wechmar bei Gotha ist keine der Johann-Sebastian-Bach-Städte! Doch hier begann einst die Geschichte der Musikerfamilie Bach. Und Wechmar ist in Sachen Bach mehr als einen Besuch wert.

 

Das Video Nummer 2 zur Kurzbiografie über Johann Sebastian Bach: eine kleine Show mit Information. Sehen Sie sich an, wie Gotha heute aussieht. Gotha ist keine der Johann-Sebastian-Bach-Städte, doch hier spielte Bach mindestens einmal und andere Bache musizierten ebenfalls in Gotha - deshalb ist Gotha eine Bachstadt.

 

Die Geschichte der berühmtesten Musikerfamilie der Welt beginnt in einem kleinen Ort in Thüringen: in Wechmar. Wechmar liegt vor den Toren einer traumhaften Stadt, Gotha. Der erste Musiker der Dynastie ist Veit Bach. Obwohl die Geschichte der Bache bereits 110 Jahre früher beginnt, liegt über Veit Bach der ersten Kirchenbucheintrag zur Familie vor. Er datiert 1619. Johann Sebastian Bach, von der Natur besonders begünstigt, ist Lichtgestalt in dieser weit verstreuten Familie an Musikern. Er ist begnadet, besonders begünstigt. Seine Zeit beginnt aber immerhin erst ein dreiviertel Jahrhundert später. Die Bache sind eine Sippe, die im Herzen Deutschlands - in Thüringen - seit vielen Jahrhunderten beheimatet ist. Ein Clan, wie er niemals später noch einmal zu finden war. In dieser Familie der Bache, wie man sie damals nannte, vererbte sich ganz offensichtlich das Talent zum Musizieren durch viele Generationen hindurch. Auch in den verschiedenen Seitenlinien. Alleine der Name Bach erlaubte es dem einen und dem anderen Musiker in manchen Städten Thüringens - mit einem besonderen Anrecht - zu den verschiedensten Anlässen aufzuspielen und Ämter und Positionen zu bekleiden. Zu Kalenderfesten und Familienfeiern, zu Aufzügen und zu Tänzen spielten sie als Stadtmusikanten und Hofmusiker, und auch als Organisten und Kantoren verdienten sie ihr Geld. Besonders den Gottesdienst auf der "Königin der Instrumente", der Orgel, zu begleiten, war mit dem Namen Bach ein bisschen einfacher zu erreichen, als mit jedem anderen Namen. Ein regelrechtes Handwerk war "Musik machen" damals. Ein Gewerbe: Lehrlinge gab es und auch Gesellen. Vom ernsten Gottesdienst bis hin zu heiteren Anlässen begleiteten Bache mit ihrer Musik über die Jahrhunderte. Ein frühes Flugblatt aus dem Jahr 1600 weist darauf hin: "Hier siehst du geigen Hansen Bachen - wenn du es hörst, so mußt du lachen". Vor Johann Sebastian Bach schon lebten und verdienten Bache ihren Lebensunterhalt mit Musik, aber alleine während seines Lebens gab es runde vierzig Musikanten in Thüringen und in Sachsen mit diesem Namen, die dies ebenfalls taten. Vierzig professionelle Musiker mit dem Namen Bach - und das aus einer Familie! 


 

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Über Erfurt und Eisenach

Das Video Nummer 3 zur Kurzbiografie über Johann Sebastian Bach: eine kleine  Show mit Information. Sehen Sie sich an, wie Erfurt heute aussieht. Erfurt ist die Bachstadt überhaupt. Mit mehr als 60 Eintragungen zu Familienmitgliedern in den Kirchenbüchern zu dieser Musikerfamilie. Aber ... sie ist keine Johann-Sebastian- Bach-Stadt.

 

Das Video Nummer 4 zur Kurzbiografie über Johann Sebastian Bach: eine kleine Show mit Information. Die Bachstadt der Bachstädte: Eisenach. Sehen Sie sich an, wie die Stadt unterhalb der weltberühmten Wartburg heute aussieht. In Eisenach ist Johann Sebastian Bach geboren und hier lebte er die ersten zehn Jahre.

 

Natürlich war der Vater von Johann Sebastian Bach, Johann Ambrosius Bach, Musikant. Und dessen Vater war ebenfalls Musikant, nämlich Kunstpfeiffer. Erfurt war die Heimat von Johann Ambrosius. In der städtischen Musikkompanie war er angestellt. Ambrosius heiratete Elisabeth Lämmerhirt, die Tochter eines angesehenen Erfurter Bürgers. Nach seiner Heirat wurde er nach Eisenach berufen. Als Stadt- und Hofmusiker. Am 21. März 1685 beginnt hier, nicht weit vom Bachhaus entfernt, das Leben eines der größten Musiker aller Zeiten: das Leben von Johann Sebastian Bach. Eine liebenswürdige Legende berichtete ein lange Zeit davon, er sei in einer Nische der Georgenkirche beim Orgelspiel zur Welt gekommen. Gemessen daran, dass die Geburt nun vor weit über 300 Jahren war, ist die heutige wissenschaftliche Erkenntnis, dass das Bachhaus aber nicht das Geburtshaus war, relativ neu.

 

Aus der Kindheit von Johann Sebastian Bach ist praktisch nichts bekannt. Man darf annehmen, dass sie nicht ganz einfach war. Denn es wird vermutet, dass er - auch in seiner Freizeit - zusammen mit dem Vater am Broterwerb für die Familie beteiligt war. Er sang und spielte Geige sowie Bratsche bei Hochzeitsfeiern und auch bei Begräbnissen. Für die Bach-Familie war das ein wichtiges Zubrot zu dieser Zeit. Auch in Gastwirtschaften spielte Ambrosius mit dem kleinen Johann Sebastian auf. Mit "... lustigen Weisen", wie es damals hieß, "... um die Jugend zum Tanze zu locken". Ehrgeizig war Ambrosius und ließ allen seiner Söhne eine sorgfältige Musikerziehung angedeihen. Neben Johann Sebastian musizierten auch noch drei seiner Brüder. 1694 - Johann Sebastian Bach ist gerade einmal neun Jahre alt - verliert er seine Mutter, 1685 dann, also kurz darauf, zuerst seinen Onkel und dann schließlich auch den Vater. In der Quarta der Stadtschule lernt der kleine Johann Sebastian damals besonders Latein und Religion. Musikunterricht bekommt er wahrscheinlich nicht nur vom Vater, sondern auch von seinem Onkel, Johann Christoph Bach, der an der Georgenkirche,  in Eisenach Organist war. Er war es wohl, der den jungen Johann Sebastian dem Orgelspiel und auch dem Komponieren näher brachte. In dieser Zeit vermutet man den Beginn der Liebe Johann Sebastians zur Orgel, als er an Sonntagen ganz sicher neben dem Onkel an dessen Seite sitzt und dem majestätischen Klang der Orgel lauscht. Ehrgeizig soll er gewesen sein. Bereits in jungen Jahren.

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Lernen und Leben in Ohrdruf 

Das Video Nummer 5 zur Kurzbiografie über Johann Sebastian Bach: eine kleine Show mit Information. Sehen Sie sich an, wie Ohrdruf heute aussieht. In Ohrdruf lebte und lernte Johann Sebastian Bach drei Jahren lang.

 

Nachdem Johann Sebastian Bach nun Vollwaise ist, verlässt er die Einsamkeit des Elternhauses in Eisenach am Frauenplan. Sein Weg führt ihn, zusammen mit seinem jüngeren Bruder zu seinem ältesten Bruder nach Ohrdruf. Ohrdruf liegt am Nordrand des Thüringer Waldes. In Ohrdruf ist Johann Sebastians Bruder Johann Christoph, der nach dessen Onkel benannt ist, Organist. Johann Christoph war noch beim berühmten Orgelkomponisten Johann Pachelbel in die Lehre gegangen. Pachelbel wirkte eine Zeit lang in Eisenach. Bereits fünf Söhne hatte Johann Sebastians ältester Bruder selbst, als das Nesthäkchen der Bachschen Familie mit dem gemeinsamen Bruder aus Eisenach in Ohrdruf ankommt. Übrigens wurden aus allen fünf Söhnen Johann Christophs tüchtige Musiker. Liebevoll nimmt er Johann Sebastian und den zweiten Bruder bei sich auf. In Ohrdruf besucht Johann Sebastian eine Schule von hervorragendem Ruf und lernt dort bis zur Prima. Griechisch, Lateinisch und deutscher Sprachgebrauch stehen auf dem Stundenplan. Mathematik selbstverständlich auch. Auch Johann Christoph erkennt die ungewöhnlichen Begabungen seines Bruders sehr früh und fördert die musikalische Begeisterung. Klavier- und Orgelspiel, und die Unterweisung in der Generalbass- und Kompositionslehre gelingen ihm derart, dass Johann Sebastian die Freude auch bei vielem Üben nicht verliert. Johann Sebastian in seinem Eifer, fast Übereifer ein wenig zu dämpfen, das ist für Johann Christoph als fast ebenbürtige Herausforderung überliefert.


 

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Von Thüringen "ins Ausland" nach Lüneburg

Das Video Nummer 6 zur Kurzbiografie über Johann Sebastian Bach: eine kleine Show mit Information. Sehen Sie sich an, wie Lüneburg heute aussieht. Wo Johann Sebastian Bach zwei Jahren lebte, musizierte und lernte.

 

Und so kommt es, dass Johann Sebastian Bach und dessen Schulfreund Georg Erdmann einfach ohne feste Zusage nach Lüneburg wandern. Immerhin ist es eine Strecke von runden 350 Kilometern. Beide werden dort vollkommen problemlos aufgenommen. In Lüneburg steigert sich die Qualität der Ausbildung und des Unterrichts noch einmal - und sie wird auch umfangreicher. Neben der erwähnten freien Unterkunft und der freien Kost bekommen die Schüler damals auch einen kleinen Anteil an den eingespielten Geldern, die der Chor von Stiftungen erhält. Und sie sind zu einem kleinen Teil auch an den Einkünften beteiligt, die sich beim Straßensingen, bei Hochzeiten oder bei ähnlichen Anlässe erwirtschaften lassen.

 

Schon in der Lüneburger Zeit drängt es Bach zu ersten Kompositionen. Ganz besonders zu Kompositionen für die Orgel. Sie ist wahrscheinlich Bachs Lieblingsinstrument. Obwohl er allerdings, ähnlich seinem Vater Ambrosius, auch ein begnadeter Geigenspieler ist. Ebenso spielt er die Bratsche. Mit diesem Können wirkt er in Quartetten und in größeren Instrumentenchören mit. Hier in Lüneburg schreibt er auch seine ersten Präludien und Fugen und er beginnt, eine hohe Aufgabe zu sehen "... im Vervollkommnen der Fugenform, die ihm in der streng geordneten Folge voneinander bestätigenden oder widersprechenden Stimmen, in der lebendigen Gliederung von Gleichnis und gewandelter Nachahmung, von Einigung und Trennung, von Gegensatz, Entsprechung, Zwischenspiel und Verdichtung wie ein Sinnbild der Weltenharmonie scheinen". So beschreibt das der Nach Biograf Felix Adam Kerbel bereits 1896.

 

Auch Bach kommt schließlich an einem Punkt im Leben an, den zu jeder Zeit viele junge Menschen auch heute erleben. Nämlich als es gilt, sich zwischen den verschiedenen Möglichkeiten der beruflichen Weiterentwicklung zu entscheiden. Siebzehnjährig steht Johann Sebastian in Lüneburg an einer solchen Lebens-Kreuzung. Und so entscheidet sich Johann Sebastian, die vergleichsweise wenigen Kilometer von Lüneburg nach Hamburg zu wandern, um dort in der Katharinenkirche einen der angesehensten Orgelspieler anzuhören, ein Meister seines Genres: den bereits 81-jährigen Johann Adam Reinecken. Eine zweite Reise führte ihn - ebenfalls zu Fuß - nach Celle. Immerhin sind auch das fast 100 Kilometer entfernt, als Reinecken am Hofe des Herzogs von Lüneburg weltliche und festlich beschwingte Suiten französischer Komponisten und ihre Ballette und auch Opern kennenlernt. Natürlich verschließt Bach sich auch dieser Art der Musik nicht und studiert, was er hört: Sarabanden, Gavotten und Menuette. Und wieder einmal schreibt er heftig mit und ab - die Klavierstücke des François Couperin und die Kompositionen vieler anderer französischer Meister. Lernen will er - und diese Werke studieren.


 

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Zurück nach Thüringen 

Eine kurze Zeit scheint es fast so, als ob sich Johann Sebastian Bach ganz für die weltliche, also nicht für die kirchliche Musik entscheidet. Als 18-Jähriger beendet er schließlich die Schule in Lüneburg. Er hat damit als erster in der Musikerfamilie die Möglichkeit, an einer Universität zu studieren und er läuft zurück, nach Süden, nach Thüringen. Das ist 1702 und man nimmt an, dass er die ersten Wochen nach seiner Zeit in Lüneburg bei der großen Schwester wohnt - oder nochmals beim Bruder in Ohrdruf. Weimar ist erstes kurzes Intermezzo auf Johann Sebastians musikalischen Lebensweg. Er folgt dem Ruf des Herzogs Johann Ernst an dessen Hof nach Weimar. Das ist im April 1703. Herzog Ernst suchte einen Geiger und einen Musiker, der die Bratsche spielen konnte. Und zwar für sein Kammerorchester. Bereits vier Monate später bewirbt sich Bach in Arnstadt. So früh schon erkennt der Ausnahmemusiker, dass er seine Kunst und sein Verständnis von vollendeter Musik nur an der Orgel und mit der geistlichen Musik voll entfalten kann. 


 

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Arnstadt wird Bachstadt



Das Video Nummer 7 zur Kurzbiografie über Johann Sebastian Bach: eine kleine Show mit Information. Sehen Sie sich an, wie Arnstadt heute aussieht. Arnstadt ist die erste Bachstadt in einer Reihe von fünf allgemein bekannten Bachstädten. Die fünf Städte, in denen Johann Sebastian Bach in seinem Leben wohnte und gleichzeitig einem Beruf nachging, sind Arnstadt, Mühlhausen und Weimar in Thüringen. Zwei weitere Städte sind Köthen und Leipzig. 

 

Und so bewirbt sich Johann Sebastian Bach um das Organistenamt an der Neuen Kirche in Arnstadt, die damals natürlich noch nicht Bachkirche heißt. Arnstadt ist zu Bachs Zeit die Hauptstadt von Schwarzburg-Sondershausen. Noch heute weisen alle Biografien darauf hin, dass die Bereitschaft, einen Achtzehnjährigen in dieses Amt zu berufen, bereits auf die frühe Anerkennung hindeutet. Genau so sehr wie auf Bachs außergewöhnliches Können. Arnstadt ist Johann Sebastians erster Wirkungsorte zu einem "vollen auskömmlichen Gehalt", wie es damals heißt. Seine Aufgabe in der Überlieferung: "... die Orgel an allen Kirchtagen gebührend zu traktieren, auch ansonsten im Lehren und Wandel sich der Gottesfurcht, Nüchternheit und Verträglichkeit zu befleißigen, böser Gesellschaften und Abhaltungen vom Berufe sich gänzlich zu enthalten". Fleiß und Hingabe sagt man ihm nach. Er waltete seines Amtes, ohne den Eindruck einer Überforderung zu hinterlassen.


 

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Die Reise von Bach zu Buxtehude 

Johann Sebastian Bach ist inzwischen erwachsen, aber immer noch sehr jung, als er in Arnstadt arbeitet. Eines der bedeutendsten Ereignisse in dieser Zeit ist seine Reise nach Lübeck. Zu Dieterich Buxtehude, der damals, achtundsiebzigjährig, Organist an der Marienkirche in Lübeck ist. Konzertmeister war Buxtehude und einer der ganz großen Orgelkomponisten. Im Herbst 1705, also genau als Bach 20 Jahre alt ist, bittet er um einen vierwöchigen Urlaub. Das Konsortium in Arnstadt genehmigt diesen Urlaub. Allerdings unter der Bedingung, dass Bach für einen fähigen Stellvertreter zu sorgen habe. Das erledigt, beginnt Bach seine Wanderung. Wieder ist es ein langer Weg, den er zu Fuß bewältigt. Von Arnstadt nach Lübeck ist dieser Weg noch weiter als der von Ohrdruf nach Lüneburg. Bach weiß also durchaus, wie lange er unterwegs sein würde, alleine für die Wanderung - zuerst nach Norden und anschließend wieder nach Süden. Noch heute besteht unter Biografen keine Einigkeit, ob Bach sich also sehr wohl bewusst war, dass ihm diese vier Wochen Zeit keinesfalls ausreichen würden. Fast 1.000 Kilometer hin und zurück. Im Hebst, also zu einer Zeit, als die Wege wieder schlammiger wurden, die Tage kürzer und das Wetter schlechter. Und doch ist Bach sicherlich voller Hochstimmung, den Künstler und Musiker kennenzulernen, von dem er schon einige Werke der Orgel, Orchester und Klavierkunst erfahren hat. Eine tiefere Einsicht in die Geheimnisse der Kirchenmusik erhofft sich Bach durch dieses Zusammentreffen, das eine so lange und beschwerliche Reise rechtfertigt. Und er wird nicht enttäuscht. Mitte Oktober trifft er schließlich in Lübeck ein. Sofort besucht er Buxtehude, um sich einer ersten Prüfung seiner Orgelspielkunst zu unterziehen. Natürlich erkennt der erfahrene Meister sofort das außergewöhnliche Potenzial des Jüngeren und dessen ganz besondere Begabung. Buxtehude lädt Bach darauf hin in sein Haus ein, Er musiziert mit ihm und ist begeistert von der Überlegung, dass Bach dessen Amt in Lübeck übernehmen könnte. Mit 78 Jahren endlich an das Ende des Arbeitslebens zu denken, war nur natürlich - damals war es das erst recht.

 

Im Herbst jeden Jahres fanden in Lübeck geistliche Abendmusiken statt. Buxtehude hatte das 1673, also schon lange vor Bachs Geburt dort eingeführt. Kirchenkonzerte, und zwar an den letzten Trinitatis- und den vier Adventssonntagen. Das Ganze mit einem 40-köpfigen Orchester sowie einem großen Chor. In ganz Norddeutschland waren diese Abendmusiken bekannt. Die Marienkirche erstrahlte dazu im Kerzenlicht und sie war zu jeder Veranstaltung von Musikbegeisterten gefüllt. Im Jahre 1705 werden zwei "extraordinäre", zwei besondere Kompositionen von Buxtehude uraufgeführt. Zwei Ereignisse sind auch der Anlass. Erster Grund ist der Tod Kaiser Leopolds, der zweite die Thronbesteigung Josephs I.

 

Zwei Werke sind es also in diesem Herbst des Jahres 1705, als auch Bach unter den Zuhörern ist: eine Trauermusik für den eben erst verstorbenen Kaiser. Der war ein besonderer Freund und Förderer anspruchsvoller Musik. Die zweite Komposition ist eine Begrüßungsmusik für den neuen Kaiser. Bei Bach hinterlässt diese Veranstaltung, ja eigentlich die ganze Zeit in Lübeck, einen tiefen Eindruck. Das Zusammentreffen wird noch heute als die Grundlage für Bachs eigene Meisterschaft gewertet. Über diese so heftigen Eindrücke vergisst nun Bach einfach den Aufbruch zum Rückweg. Oder - wir wissen es eben nicht - er will einfach mehr von dieser einzigartigen Kunst seines Vorbildes erlernen. In dieser Zeit verstreicht die Urlaubsfrist zu Hause - in Arnstadt. Und vielleicht - ganz vielleicht - wäre Johann Sebastian Bach auch nie nach Arnstadt zurückgekehrt. Denn beruflich und auch künstlerisch ist die Position in Lübeck schon etwas Besonderes, die Nachfolge Buxtehudes anzutreten ist es ohnehin. Doch es gibt eine Hürde, die mit Musik überhaupt nichts zu tun hat. Eine erste Hürde, ähnlich einer weiteren - anderer Natur - die Bachs Leben zweimal ganz wesentlich beeinflusst.

 

Es war zu dieser Zeit üblich, dass der neue Organist die Tochter des Amtsinhabers "zu freien habe" - heißt, sie hätte heiraten sollen. Da Buxtehudes Tochter allerdings ganze zehn Jahre älter war als Bach und sicherlich auch aus weiteren Gründen, konnte sich Bach, trotz allen Respekts dem Meisterkomponisten Buxtehude gegenüber, dies doch nicht vorstellen. Interessanterweise haben auch andere Meister, ganz besonders zu nennen ist der im gleichen Jahr wie Bach geborene Georg Friedrich Händel, diese Aussicht davon abgehalten, sich um die Position des Organisten an der Marienkirche in Lübeck zu bewerben.


 

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Die fremde Jungfer

Ende Februar 1706 kommt Bach schließlich wieder nach Arnstadt zurück. Aus den vier Wochen waren viele Wochen mehr geworden. Aber Bach hat Glück: das Konsortium erteilt eine Rüge wegen Urlaubsüberschreitung und belässt es dabei. Vielleicht erkennt das Gremium, welchen Könner man für das liebliche Arnstadt verpflichten konnte. In der Zeit seiner Abwesenheit hatte Johann Sebastian hatte dessen Vetter Johann Ernst Bach die Orgel "traktiert". Doch zwischen dem jungen Bach und dem Rat soll es nicht bei dieser Rüge bleiben. Neue Beschwerden kommen auf, die man heute auch im Zusammenhang mit der Erfahrung in Lübeck sieht. "Neue Klänge entlocke der Komponist der Orgel, Klänge, wie er sie in Lübeck gehört habe...", sagt man in Thüringen. Diese neuen Klänge - sie missfallen den Kirchgängern. Und zu lang sind sie dem Kirchenpublikum auch. Als sich der Superintendant über ein - dessen Ansicht nach - viel zu langes Choralvorspiel beklagt, fühlt sich Bach sicherlich provoziert und verfällt ins Gegenteil. Natürlich kaum zur Freude aller Beteiligten präludiert er nun - zu kurz! Und es passiert, was noch heute erahnen lässt, wie ungeheuerlich es damals gewesen sein musste: Er erregt regelrechten Anstoß und Ärgernis, als er eine Frau auf der Orgelempore singen lässt. Sie ist als die "fremde Jungfer" in die Bach-Geschichte eingegangen. Keinesfalls will Bach sich schriftlich, wie verlangt, zu diesen Vorwürfen äußern. Keinesfalls will er außerdem nachgeben bis hin zu der Möglichkeit, die Anstellung zu verlieren. Was man sicherlich damals an offizieller Stelle noch nicht weiß: Bach hat sich zu dieser Zeit bereits um die Organistenstelle an der St. Blasiuskirche im nahen Mühlhausen beworben.

 

Ob diese "fremde Jungfer" damals Maria Barbara Bach ist, die mit ihrem Gesang den Meister auf der Orgel begleitet, ist letztlich nicht sicher bekannt. Auch nicht, wann genau Johann Sebastian sie kennenlernt. Und auch nicht wo und bei welcher Gelegenheit. Möglich ist das allerdings bei einem der zahlreichen Familienfeste, die jedes Jahr in verschiedenen Städten stattfinden. Maria Barbara Bach ist Tochter des Oheims Johann Michael Bach, der in Gehren Organist war. Gehren - 30 Kilometer von Arnstadt entfernt. Sie ist dessen jüngste Tochter und Johann Michael Bach ist in Gehren ein angesehener Musiker und Komponist (?). Zwanzig Jahre ist Maria Barbara alt, als Johann Sebastian Bach sie als Zweiundzwanzigjähriger heiratete. In seiner Zeit in Mühlhausen. Am 17. Oktober 1707. Die Hochzeit findet allerdings weder in Mühlhausen noch in Arnstadt statt, sondern in der kleinen Gemeinde Dornheim ganz in der Nähe von Arnstadt. Getraut werden beide von einem mit Bach befreundeten Pfarrer.


 

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Johann Sebastian Bach in Mühlhausen 

Das Video Nummer 8 zur Kurzbiografie über Johann Sebastian Bach: eine kleine Show mit Information. Sehen Sie sich an, wie Mühlhausen heute aussieht. Zwar ist Johann Sebastian Bach nur relativ kurze Zeit in der Bachstadt Mühlhausen, schreibt dort aber sein erstes der heute sehr bekannten Werke. Es ist die Ratswechselkantate "Gott ist mein König". Bach und Mühlhausen trennen sich ohne Groll. 

 

Die freie Reichsstadt Mühlhausen, die auch Hansestadt ist, ist die erste gemeinsame Heimat für das jung vermählte Ehepaar Bach. Die Stadt der Türme und Tore, die Stadt mit zwei gewaltigen, beeindruckenden Kirchen, neben vielen weiteren. Fast selbstverständlich beflügelt seine Heirat mit Maria Barbara Johann Sebastian, konnte er doch davon ausgehen, dass sie all' sein Schaffen, seine Ideen und seine Ideale auch in musikalischer Hinsicht teilte. Musikalisch hochbegabt, so beschrieben Biografen Maria Barbaras Verhältnis zur Musik. Bach hat seine Fähigkeiten inzwischen weiter vertieft und verfeinert und entwirft inzwischen auch Pläne zur Verbesserung der Orgel. Er lässt ein neuartiges Pedal-Glockenspiel anbringen. Und mit viel Detailarbeit optimiert er die Leistungsfähigkeit von Chor und Orchester in Mühlhausen. In dieser Zeit entsteht auch eines der wenigen im Druck erschienenen Werke Bachs. Es ist seine Kantate "Gott ist mein König". Der Anlass ist die erste feierliche Einführung des neu gewählten Rates der Stadt Arnstadt mit ihm als Organisten an Divi-Blasii. Diese Kantate kennt man auch unter dem Namen "Ratswechselkantate". Bach schreibt später sogar noch zwei weitere Kantaten für den Rat von Mülhausen, als er dort schon nicht mehr angestellt ist.

 

Zwei Richtungen innerhalb der Kirche rivalisieren in dieser Zeit miteinander und Bachs Leistungen und Qualität sind davon beeinträchtigt. Nicht nur in Mühlhausen finden diese Kämpfe und Rangeleien damals statt, sondern in vielen Städten. "Der neu aufkommende Pietismus suchte das Glaubensleben zu verinnerlichen; durch Sündenerkenntnis und Besinnung auf den stets "himmlischen Bräutigam" sollte das Gemüt des Einzelmenschen sich läutern ...", äußert sich Christian Jenssen zu diesem Disput. "Das strenggläubige Luthertum hält allerdings an der Auffassung fest, dass das Heil der Seele einzig von Gottes Gnade abhängt". Kaum vorstellbar ist heute die Heftigkeit der sich bekriegenden Glaubensrichtungen in der Bevölkerung.

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Johann Sebastian Bach heiratet

Das Video Nummer 9 zur Kurzbiografie über Johann Sebastian Bach: eine kleine Show mit Information. Sehen Sie sich an, wie Dornheim heute aussieht. Dornheim ist der Bachort, den man mit einem Besuch in Arnstadt quasi gratis hinzu bekommt. Nur ganze zwei Autominuten entfernt - somit nicht nur ein Muss für jeden Bach-Fan, sondern auch ein herrlicher Platz, dem Meister "zu begegnen" .

 

Obwohl Bach einige Jahre in Arnstadt wohnt und auch in Mühlhausen beste Verbindungen hat, zieht er es doch vor, sich von seinem Freund, dem Pfarrer der kleinen Dorfkirche in Dornheim trauen zu lassen.


 

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Johann Sebastian Bach in Weimar

Das Video Nummer 10 zur Kurzbiografie über Johann Sebastian Bach: eine kleine Show mit Information. Sehen Sie sich an, wie Weimar heute aussieht. Zweimal in seiner Laufbahn als herausragender Musiker war Johann Sebastian Bach in Weimar. Trotzdem ist Weimar heute die einzige bedeutende Bachstadt ohne ein Bachhaus oder eine ähnliche bedeutende Einrichtung.

 

Bach streitet sich nicht. Er hält sich raus. Seine Kunst, die Musik, ist für ihn von weit größerer, höherer Bedeutung als diese Auseinandersetzungen in Mühlhausen. Aber er kann sich den Querelen natürlich nicht komplett entziehen und natürlich behindern sie sein Schaffen und sein Musizieren. Und so kommt es, dass er im Jahre 1708 einem Ruf nach Weimar folgt. Dem Ruf des Herzogs Wilhelm Ernst. Herzog Wilhelm Ernst ist Kunstfreund - darüber hinaus führt er seinen Hof fast bürgerlich schlicht. Das ist die richtige Umgebung für einen jungen und idealistischen Musiker wie Johann Sebastian Bach. Nicht nur das Vertrauen des Fürsten fördern dort sein Schaffen. Auch schließt er verschiedene Freundschaften. Männer wie der Bibliothekar Salomon Franck, der Dichter Johann Christoph Lorber und auch der Theologe Erdmann Neumeister inspirierten ihn und heben sein Schaffen in eine nächste Ebene. Neumeister ist es, der ihm als Verfasser von vielen Kantatentexten unentbehrlich wird. Vielseitig sind für Bach die Möglichkeiten bei Herzog Wilhelm Ernst, ist er doch gleichzeitig Hoforganist und auch Kammermusiker. Das ist die ideale Basis für Bachs künstlerische Weiterentwicklung. Ganze neun Jahre sind eine ungeheuer produktive Zeit, in der Bach als Orgelspieler und als Orgelkomponist Großes vollbringt, aber auch mit der Geige und auf dem Cembalo beeindruckt. Man beschreibt seine Fähigkeit "... als Schöpfer neuartiger Orgelkantaten, die durch einen dramatisch vertieften, von der Oper befruchteten, aber nicht verweltlichten, sondern lebendig vergeistigten Gesangsstil die Kantaten seiner Vorgänger in den Schatten stellen".

 

"Ich habe von dem berühmten Organisten in Weimar, Herrn Johann Sebastian Bach, Sachen gesehen, sowohl für die Kirche als auch für die Faust, die gewiss so beschaffen sind, dass man den Mann hoch wertschätzen muss." Das schreibt über seine Weimarer Zeit ein hoch angesehener Kunstrichter, der "sehr angesehene Hamburger Musikschriftsteller und Komponist Johann Mattheson". Bach ist demnach bereits in seiner Zeit in Weimar nicht nur als hervorragender Organist und Klavierspieler bekannt, sondern von einigen Wenigen auch bereits als Komponist sehr beachtet. Viele Kantaten entstehen in der Weimarer Zeit Bachs. Die bekanntesten sind "Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit", "Wachet, betet, seid bereit", "Ich hatte viel Bekümmernis", "Himmelskönig sei willkommen", "Der Himmel lacht, die Erde jubiliert" und schließlich "Ein' feste Burg ist unser Gott", die Bach zum 200. Jahrestag der Reformation schreibt. Aber auch weltliche Kantaten werden in dieser Periode zum ersten Mal uraufgeführt. Zu den vielen verschiedenen Feiern am Weimarer Hof. Auch Orgelwerke entstehen zwischen 1708 und 1717: Präludien, Tokkaten, Fugen, Choralchöre. Dazu eine Sammlung von Orgelchoralstücken, die praktisch ein Lehrbuch für zukünftige Organisten sind. Bachs eigene Handschrift überliefert: "Dem höchsten Gott zu Ehren, dem Nächsten, draus sich zu belehren".

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Johann Sebastian Bach wird Vater

In Weimar erblicken auch Bachs erste Kinder die Welt. 1708 Catharina Dorothea und zwei Jahre später Wilhelm Friedemann. Johann Christoph Bach, im Jahr 1713 geboren, überlebt den Jahreswechsel nicht. Ebenso stirbt auch dessen Zwillingsschwester Maria Sophia. Im Jahr darauf, 1714, erblickt Carl Philipp Emanuel Bach das Licht der Welt. Und schließlich im Jahr 1715 Johann Gottfried Bernhard Bach. Von Weimar aus unternimmt Bach erfolgreiche und für ihn sehr anregende Konzertreisen. Zu den wichtigsten Zielen zählen Halle, Leipzig, Meiningen, Kassel und Dresden. In Kassel hört der Erbprinz Friedrich von Hessen beeindruckt seine Werke und schenkt ihm vor lauter Begeisterung über sein Spiel an der Orgel einen sehr kostbaren Ring, den er sogar vom eigenen Finger nimmt. "Seine Füße flogen über die Pedale...", so äußert er sich damals zu Bachs Spiel, "... als ob sie Schwingen hätten; donnergleich brausten die mächtigen Klänge durch die Kirche". Und genau so beeindruckend, wenn auch nicht so laut, musste ebenso Bachs Spiel auf dem Cembalo, einer damaligen Vorform des Klaviers, anmuten.

 

1717 ist ein besonderes Jahr in der Bach-Geschichte. Ein Jahr in dem sich der gefeierte Orgel- und Klaviervirtuose Jean Louis Marchand aus Frankreich und der Komponist aus Thüringen in einem Wettstreit messen wollen. Jean Louis Marchand ist ein Mann voller Temperament. Was ihm zum Nachteil gereicht, denn nach einem Aufsehen erregenden Vorfall am Hofe Ludwigs XIV in Versailles muss Marchand zu August dem Starken von Sachsen fliehen. Drama und Anlass: Marchand hatte sich von seiner Frau getrennt. Daraufhin war von der Königlichen Kammer die Order ergangen, die Hälfte von Marchands Salär an dessen ehemalige Gattin auszubezahlen. Aus genau diesem Grund bricht Marchand, anlässlich eines großen, pompösen Konzerts zu Versailles, in der Mitte des Konzerts die Vorstellung ab - und erklärt dem König sowie dem Publikum: "... wenn meine Frau die Hälfte meines Gehaltes bekommt, dann soll sie auch die Hälfte meines Orgelspiels übernehmen!" Niemand findet das in Versailles besonders lustig und so kommt dann letztlich mit Marchands Aufenthalt in Dresden diese Idee des Musik-Wettstreites zustande. Ein Wettbewerb der beiden großen Musiker ihrer Zeit, beide Orgelmeister - ein wirklich musikalischer Wettstreit. Heute weiß man nicht mehr mit Sicherheit, von wem die Herausforderung ausging, gepasst hätte es allerdings zum selbstsicheren Franzosen Marchand. Vielleicht aber war es auch einer der Beamten am Hofe des Königs. Bach geht sofort darauf ein, jedes beliebige Stück vom Blatt zu spielen oder auch jede nur denkbare musikalische Aufgabe zu lösen. Allerdings unter der Voraussetzung, dass sich auch Marchand zur gleichen Herausforderung bereit zeigt. Marchand ist einverstanden und man einigt sich auf einen Schiedsrichter. Den Ort des Wettstreits stellt der sächsische Premierminister Graf Flemming zur Verfügung: dessen eigenes Haus. Man erwartet ein künstlerisches und gesellschaftliches Ereignis von außerordentlicher Bedeutung. Allerdings - wer nicht kommt - ist Marchand. Heimlich reist er damals ab. Später heißt es, er habe heimlich Bach beim Üben belauscht und festgestellt, dass er einen Wettstreit gegen diesen Musiker aus Thüringen gar nicht gewinnen hätte können. Bach spielt an diesem Abend für die königliche Gesellschaft. Und er wird gefeiert. Er wird gefeiert, wie nie in seinem Leben vorher. Und wie selten nach diesem denkwürdigen Ereignis in Dresden.  


 

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Johann Sebastian Bach muss in Weimar ins Gefängnis

In Weimar beachtet man den Triumph von Johann Sebastian Bach in Dresden nicht. Im Gegenteil. Es ist genau in dieser Zeit, als der bisherige Musikdirektor Drese stirbt. Bach hatte Drese schon seit längerer Zeit einen sehr großen Teil von dessen Pflichten abgenommen. Nun, als eigentlich die Zeit gekommen ist, dass Johann Sebastian Bach dessen Nachfolge antritt, wird der unbedeutende Sohn Dreses bevorzugt. Natürlich entgeht Bach nicht nur die Anerkennung und auch der Titel, sondern natürlich auch die höheren Bezüge, denn natürlich ist das Amt höher dotiert als seine derzeitige Position. Bach ist verärgert. Und mit diesem Ärger nimmt Johann Sebastian Bach das Angebot einer Kapellmeisterstelle an. Allerdings in Köthen! Fürst Leopold von Anhalt-Köthen macht ihm diesen anerkennenden Vorschlag. Und die Zeit ist ebenfalls reif für eine weitere, berufliche Veränderung Bachs. Um in Köthen leben und arbeiten zu können, braucht Bach jedoch eine förmliche Erlaubnis, gehen zu dürfen. Er ist Leibeigener, er ist kein Angestellter. Er muss darum bitten, aus den Diensten des Herzogs entlassen zu werden. Bach beantragt diese Erlaubnis nach seiner Zusage in Köthen, also nachträglich. Aber Herzog Wilhelm Ernst antwortet ihm nicht. Das ist für Bach eine ungeheure Belastung und die beiden Männer, die ganz neun Jahre in bestem Einvernehmen auskamen, geraten heftigst aneinander. Fazit: Bach wird, nachdem er sich aufgebracht äußert "... wegen halsstarriger Bezeugung von zu erzwingender Dimission" vier Wochen lang in Haft genommen. Und darüber hinaus in Ungnaden entlassen. Für Herzog Wilhelm Ernst ein Weg, in die Geschichte einzugehen. Noch dreihundert Jahre später und sicherlich bis in alle Zukunft ist er der Herzog, der den großartigsten Komponisten und Musiker der Erde ins Gefängnis schickte. 


 

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Köthen – Paradies und tiefster Abgrund

Das Video Nummer 11 zur Kurzbiografie über Johann Sebastian Bach: eine kleine Show mit Information. Sehen Sie sich an, wie Köthen heute aussieht. Die Bachstadt Köthen konnte sich Johann Sebastian Bach als Wohnort bis zum Ende seiner Tage gut vorstellen. Alles kam anders. In Köthen erlebte Bach seine glücklichste Zeit und auch seine schwersten Tage

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Viele glückliche Jahre verlebt Johann Sebastian Bach mit seiner Maria Barbara und beider Kindern in der Residenzstadt Köthen. Bach genießt diese Stelle und er genießt diese schöne Stadt ganz bewusst. Er äußert mehrfach, sich durchaus genau hier bis zu seinem Lebensende leben und wirken zu sehen. Bach formuliert das sogar als Wunsch. Eine gewisse Einschränkung vermutet man bei der Begeisterung Bachs für diese Stadt allerdings in der Tatsache, dass er in der Köthener Zeit hauptsächlich weltliche Werke komponiert. Was er ganz sicher am meisten vermisst, ist das Spiel auf einer Orgel. Eine Orgel steht ihm in Köthen nur sehr selten zur Verfügung. In den Vordergrund treten für eine lange Zeit Geige, Bratsche und Klavier. Sicherlich, heiter und freier ließ sich weltliche Musik durchaus komponieren und musizieren. Ob dieser Teil seines Anspruchs allerdings unbefriedigend war, darf durchaus angenommen werden. Die Nachwelt verdankt dieser Situation allerdings herausragende, kostbare Werke der Klavier-, Kammer- und Orchestermusik. Ganz besonders zu erwähnen ist "Das Wohltemperierte Klavier", eine Sammlung von Präludien und Fugen in sämtlichen Dur- und Moll-Tonarten. 


 

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Der Tod von Maria Barbara Bach

400 Taler verdient Johann Sebastian Bach inzwischen im Jahr. Seine Stellung als Kapellmeister im Dienste des Fürsten ist hoch angesehen. Warmherzig ist Fürst Leopold und so entwickelt sich zwischen den beiden Männern eine Freundschaft, die von beiden Seiten ausgeht. Es gibt zwischen ihnen keinen Standesdünkel, da auch die Großmutter des Fürsten eine Bürgerliche ist und Leopolds Mutter dem Landadel entstammt. Als Bach mit Zweiunddreißig Jahren nach Köthen kommt, ist Fürst Leopold erst dreiundzwanzig, hat in seinem Leben aber bereits viele Reisen unternommen und ist in vielen Bereichen schon hoch gebildet. Der Fürst hat Freude an der Musik. Sowohl, sie anzuhören als auch selber zu musizieren. Perücken verschmäht er, entgegen den üblichen Gepflogenheiten zu dieser Zeit. Ungewöhnlich ist auch, dass er an seinem relativ kleinen Hof nicht nur eine Kapelle von immerhin achtzehn Musikern unterhält, sondern auch ein Theater eingerichtet hat. Und er unternimmt kaum eine Reise ohne dass ihn sein Kapellmeister Johann Sebastian Bach begleitet.

 

Nach einer solchen Reise mit dem Fürsten passiert dann das Schreckliche. Es ist der Sommer im Jahre 1720. Bei seiner Rückkehr muss Bach die schreckliche Nachricht vernehmen, dass nur wenige Tage zuvor seine geliebte Maria Barbara verstorben war. Schlimmer noch: hinzu kommt, dass man sie ohne seine Anwesenheit bereits beerdigt hatte. Nicht bekannt ist, welcher Krankheit Maria Barbara im Sommer dieses Schicksalsjahres 1720 so plötzlich erlag. Beeindruckt von dieser Katastrophe äußert Bach seine Gefühle in einem Musikstück, das so der Welt noch heute von seiner Niedergeschlagenheit berichtet: "Wer sich selbst erhöhet, soll erniedrigt werden." Weit über ein Jahr lang trauert Johann Sebastian um seine Frau - heiratet dann aber doch zum zweiten Male. Die 20 Jahre alte Hofsängerin Anna Magdalena Wilcke ist seine Wahl und es ist nicht überliefert, ob er nun Anna Magdalena aus Liebe heiratet oder nur, um für seine Kinder und den Haushalt die nötige Unterstützung zu bekommen. Verschiedenes deutet allerdings auf die erstere Vermutung hin. Auch Anna Magdalena Wilcke entstammt einer Musikerfamilie. Ihr Vater, Caspar Wülken, war Hoftrompeter am sächsisch-weißenfelsischen Hof. Anna Magdalena selbst war zunächst erfolgreiche Sopranistin am Hofe zu Zerbst und hatte dort Erfolg. Und so zahlte ihr auch der Fürst von Köthen großzügig das hohe Sängerinnen-Gehalt von 318 Talern weiter. Das sind immerhin runde achtzig Prozent von Bachs Gehalt als Kapellmeister. Mit zwei hohen Gehältern und einer noch relativ kleinen Familie herrscht dementsprechend in Köthen keine finanzielle Not. Ob nun ab 1721 wieder Freude und Lebensmut in das Leben der Familie von Johann Sebastian einzieht oder ob ihn in Köthen doch noch so Vieles an seine erste Frau erinnert, muss hier offen gelassen werden. Anna Magdalena ist von Bachs künstlerischem Wirken beeindruckt und sie lässt sich von Johann Sebastian gerne unterrichten. Außerdem ist da ihre tiefe Bereitschaft, das Verständnis der Musik von Bach vertiefen zu wollen. 1722 bereits schreibt Johann Sebastian Bach für seine zweite Frau das bekannte "Klavierbüchlein vor Anna Maria Bachin". Und es ist in dieser Zeit in Köthen, als er erste Erfolge seiner Söhne in der Musik erlebt, was ihn mit ganz besonderem Stolz erfüllt. Dass er, pädagogisch wertvoll, die Anlagen seiner Söhne zu fördern weiß, beweist noch heute das Klavierbüchlein vor Wilhelm Friedemann Bach, den ältesten der fünf musikalischen Söhne. Das Wohltemperierte Klavier, das auch in der Köthener Zeit entsteht, ist " ... ein Lehrbuch und ein Meisterwerk für alle Meister, die ihm folgten. Es ist eine Art ... täglich Brot für junge Musiker.", wie Robert Schumann es später nannte. In dieser Zeit komponiert Bach auch für den Markgrafen von Christian Ludwig von Brandenburg die sechs "Brandenburgischen Konzerte". Bach lernt den Markgrafen während einer Reise mit seinem Fürsten Leopold nach Karlsbad kennen. Die Brandenburgischen Konzerte sind eine von Bachs großartigsten symphonischen Instrumentalwerken. 


 

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Johann Sebastian Bach reist nach Hamburg

1772 ist das Jahr, in dem sich Johann Sebastian Bach zum ersten Mal wieder der Kirchenmusik nähert. Anlass ist eine Reise nach Hamburg. Dort lebt der Organist, den Bach bereits aus Lüneburg kennt, Johann Adam Reincken. Inzwischen ist er 79 Jahre alt geworden. Ihn sucht Bach auf, um dem seiner Meinung nach fähigsten Orgelspieler und musikverständigem Hörer seine Kunst auf der Orgel in der Katharinenkirche vorzuspielen. Und dazu improvisiert Bach. Er improvisiert über den alten Choral "An Wasserflüssen Babylon". Damit hinterlässt er bei dem greisen Meister und Organisten Reincken einen tiefen Eindruck. Hatte doch genau dieser Reincken selbst in jüngeren Jahren mit einer Interpretation dieses Chorals die Musikwelt begeistert. Er ist gerührt und sagt zu Bach "Ich dachte, diese Kunst sei ausgestorben: nun da ich sehe, dass sie in dir noch lebt, kann ich mit Freuden heimgehen." Tatsächlich ist Reincken wenige Tage nach dieser Zusammenkunft zweier ganz Großer der Musikgeschichte verstorben. Diese scheinbar nun vakante Position war aber bereits zuvor mit einem Nachfolger besetzt. Zur gleichen Zeit bewirbt sich Bach jetzt um eine ebenfalls freigewordenen Organistenstelle an der Jakobikirche in Hamburg, doch dort wird - bereits das zweite Mal passiert Bach das - wie damals in Weimar, ein unbedeutender Musiker vorgezogen. Weil dieser verspricht, so wie das damals üblich war, im Falle seiner Ernennung 4.000 Mark in die Kirchenkasse zu zahlen. Das erzürnt den damaligen Pfarrer an St. Jakobi, Erdmann Neumeister, aufs Höchste. In seiner Weihnachtspredigt äußert der sich sehr deutlich und unmissverständlich: "Ich glaube ganz gewiss, wenn einer von den bethlehemschen Engeln vom Himmel käme, der göttlich spielt, er wollte Organist zu St. Jakob werden, hätte aber kein Geld, so möchte er nur wieder davonfliegen."

 

Aber das Verlangen von Johann Sebastian Bach hin zur Kirchenmusik ist wieder erweckt und beansprucht wohl immer mehr Raum in dessen Gefühlen. Eine zweite für Bach ausgesprochen nachteilige Entwicklung nimmt am Hof in Köthen ihren Lauf. Fürst Leopold, sein Freund, heiratet ebenfalls in dieser Zeit. Er heiratet eine Prinzessin. Eine Prinzessin, die keinerlei Interesse an Musik hat, ja keinen Sinn überhaupt für die schönen Künste. Und mit diesem Desinteresse und während beide ineinander verliebt sind, schwindet auch die Begeisterung des Fürsten für die Musik. Mehr und mehr bedeutet ihm die Freundschaft zu Bach nicht mehr das, was es vor seiner Heirat für beide Männer war. Bach beklagt sich in einem Brief "... sie scheint eine Amusa zu sein, und es will das Ansehen gewinnen, als ob die musikalische Neigung des Fürsten in etwas lau werden will". Zusammen mit der Tatsache, dass ihn in Köthen immer noch jeder Platz, jede Ecke und jeder Mensch an seine glücklichste Zeit des Lebens mit Maria Barbara erinnert, sind das nun bereits drei gewichtige Gründe, die der Anlass gewesen sein mögen, warum Johann Sebastian Bach wieder einmal einem Wechsel seines Arbeitsplatzes und seines Lebensumfeldes zunehmend offener gegenüber steht.

 

Im Sommer 1722 stirbt in Leipzig der bekannte Klavierkomponist und Kantor Kuhnau. Bach hört davon. Kuhnau war Kantor an der schon damals berühmten Thomasschule in Leipzig. So entschließt sich Bach, sicherlich auch durch die etwas abgekühlte, wenn auch noch gute Freundschaft mit Fürst Leopold, sich mit dem Gedanken an einen Weggang von Köthen nach Leipzig zu befassen. Die Nachfolge Kuhnaus war dafür eine Option. Nicht allerdings, ohne gewisse Bedenken zu haben. Den Ausschlag mag gegeben haben, dass Bach in Leipzig die Ausbildung für seine Kinder, vor allem seiner Söhne als wesentlich besser einschätze, wäre er dort doch Thomaskantor an der Thomasschule. In Leipzig war außerdem die Möglichkeit für die Söhne Bachs gegeben, direkt nach der Schulausbildung an der Universität zu studieren.

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27 Jahre Leipzig

Das Video Nummer 12 zur Kurzbiografie über Johann Sebastian Bach: eine kleine Show mit Information. Sehen Sie sich an, wie die Bachstadt Leipzig heute aussieht. Mit kaum einer anderen Stadt verbindet sich der Name Johann Sebastian Bach so sehr. Leipzig hat sich in den letzten dreißig Jahren aufs Heftigste verändert. Leipzig ist wunderschön.

Kompliziert scheint Leipzig gewesen zu sein. Bereits vor Bachs Zeit. Denn mehrere namhafte Musiker lehnen die Nachfolge und Position der vakanten Stelle des Thomaskantors 1722 ab. Bach stellt sich vor und zwar mit der Aufführung einer eignen Kantate. Im Februar 1723 passiert das und der Rat der Stadt Leipzig lässt sich drei volle Monate Zeit, um schließlich Bach zum Kantor der städtischen Schule zu St. Thomas in Leipzig zu ernennen. Wie ein böses Omen erhält sich bis heute die sinngemäße Äußerung, dass, wenn man schon keinen der Besten verpflichten könne, man dann eben mit einem mittelmäßigen Musiker zufrieden sein müsse. In Leipzig ist der Kantor, neben dem Rektor, der wichtigste Lehrer an dieser Thomasschule. Als Thomaskantor allerdings hat Johann Sebastian Bach auch die Verantwortung über die vier Hauptkirchen der Stadt Leipzig.

 

Fast selbstverständlich gibt es über den Musikunterricht hinaus weitere Verpflichtungen für Bach. Wöchentlich gilt es, fünf Latein-Stunden zu unterrichten. Verschlechtert hat er sich also gegenüber seiner Position in Köthen. Geringer ist auch die Stellung gegenüber der des Kapellmeisters in Köthen. Allerdings behält er seinen Titel als Fürstlich-Köthenschen Kapellmeister bei. Bach hatte lange gezögert, sich in Leipzig verpflichten zu lassen. Was letztlich den Ausschlag gab? Es war sicherlich die schulischen Vorteile, die Tatsache, dass in Leipzig seine Söhne die sicherlich beste Ausbildung genießen würden, die es derzeit innerhalb des Spektrums von Bachs Möglichkeiten gab. Bachs Begeisterung für das Musikspiel in der Kirche und auf einer Orgel mögen ebenfalls einen wesentlichen Anteil zu einer ganz sicherlich damals für Bach schwierigen Entscheidung beigetragen haben. Ist es so, dass Bach seine Berufung auch in der Komposition von Kirchenmusik und dem Spielen zu kirchlichen Anlässen sah, dann mag das ein weiterer Punkt in einer ganzen Reihe von Überlegungen gewesen sein, die ihn schließlich nach Leipzig führen.

 

Wenn auch, verglichen mit dem Ansehen eines Kapellmeisters in Köthen, das Amt des Kantors an der Thomasschule in Leipzig ein geringeres gewesen war, so war doch Leipzig wesentlich bedeutender als Köthen und die Position des Thomaskantors innerhalb der Stadtgrenzen die angesehenste. Die Vorgänger von Bach waren allesamt bekannte und beachtete Musiker gewesen. Alle hatten auf das gesamte Musikwesen der Stadt entscheidend eingewirkt. Nicht zuletzt die gute und lebendige Verbindung zur Universität, ganz besonders zur studentischen Musikvereinigung, dem "Collegium musicum" trägt damit entscheidend zu Bachs Überlegung, wie auch der Entscheidung, bei. Nur seine innere Verbindung zur Kirche ist noch enger. Hauptsächlich werden Schüler der Thomasschule zur musikalischen Ausgestaltung der Gottesdienste verpflichtet. Ganze vier Chöre gibt es zu dieser Zeit und diese singen zu den verschiedensten Ereignissen an Sonntagen und Feiertagen in den vier wichtigen Leipziger Kirchen. Dazu kommt die musikalische Leitung bei Hochzeitsfeiern und Beerdigungen und auch aus diesem Grunde ist der Kantor eine über die ganze Stadt bekannte Persönlichkeit. Eine Besonderheit in dieser Zeit ist der große Einfluss der Kirche auf die Schule. So ergibt es sich, dass Johann Sebastian Bach zwar vom Rat der Stadt berufen wurde, aber das Konsortium den Musiker aus Eisenach bestätigen musste. Und diese Bestätigung wird nicht sofort und nicht selbstverständlich erteilt. Erst nach einem Examen über seine religiösen Grundsätze, dem sich sogar ein Johann Sebastian Bach unterziehen musste, sind die Bedenken des Konsortiums aus dem Wege geräumt.   


 

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Der Thomaskantor

Allerdings sind mit der Anstellung von Johann Sebastian Bach als Thomaskantor auch Vorteile verbunden, die er besonders schätzt. Alle Pflichten in der Schule und auch der Kirche belasten ihn nicht so sehr, dass er noch ausreichend Zeit hat, um zu komponieren. Mit der Anstellung bekommt er auch eine kostenfreie Dienstwohnung in einem Flügel des Schulgebäudes. Sie ist zwar anfangs zu klein für seine ganze Familie, aber durch einen entsprechenden Umbau ist dieser Nachteil nur von kurzer Dauer. 700 Taler beträgt sein Einkommen zu dieser Zeit, also 300 Taler mehr als in Köthen. Allerdings entfällt natürlich das Salär, das Anna Magdalena bisher hinzu verdiente. Rechnet man die Mietfreiheit zu den Bezügen, ist das ein sehr ordentliches Gehalt. Gemessen am wesentlich höheren Lebensstandard allerdings ist Leben "unter dem Strich" in Leipzig für die Familie Bach sehr teuer. So beschreibt es Bach nach einigen Jahren in Leipzig in einem Brief an seinen Jugendfreund Georg Erdmann, mit dem er vor vielen Jahren von Ohrdruf nach Lüneburg wanderte und dort die Schulzeit mit ihm verbrachte.

 

Doch dann sind da eben auch die Schattenseiten, die ihn fast drei Jahrzehnte in Leipzig begleiten sollten. Ob Bach an sie dachte, als er sich nur zögerlich in Leipzig bewarb, weiß man heute nicht mehr. Man kann es vermuten, mehr aber nicht. Einen hervorragenden Ruf, so wie heute, hat die Thomasschule jedenfalls nicht. Erst mit Bachs Wirken wird die Thomasschule und natürlich auch der Thomanerchor zu dem, was er heute ist, nämlich weltberühmt. Ausschließlich durch Stiftungen wird die Thomasschule damals mehr recht als schlecht getragen. Hauptsächlich die Kinder armer Eltern gehen dort zur Schule und deswegen ist die Schule auch auf die Einkünfte aus den Knabenchören angewiesen. Und gerade aus diesem Grunde sollen die Knaben bei möglichst vielen verschiedenen Veranstaltungen mitwirken. Allerdings ist die soziale Komponente nur ein Teil des Problems. Hinzu kommt, dass einfach zu wenige Schulräume zur Verfügung stehen. Mehrere Klassen werden von verschiedenen Lehrern zeitgleich im selben Zimmer unterrichtet. Unordnung, Unsauberkeit und dementsprechend natürlich auch die Verbreitung von Krankheiten resultieren daraus. Und es gibt den Streit und Neid innerhalb des Lehrkörpers und die fehlende Lust zur Pflichterfüllung. Alles resultierte in einer gewissen Zuchtlosigkeit, so heißt es damals. Eigentlich kann man schon von einer Verwahrlosung reden. So sieht es in Leipzig an der Thomasschule aus, als Johann Sebastian Bach dort seinen Dienst beginnt. Es ist das Jahr 1723.

 

All diese Umstände beeinträchtigen natürlich auch die Disziplin, die ein solcher Chor zur Leistung benötigt. Diese Leistungsfähigkeit ist stark beeinträchtigt. Das, was der Thomanerchor heute in der ganzen Welt repräsentiert - schon bereits der Name, einmal abgesehen von der superben Qualität - kann damals nicht damit verglichen werden. Heute steht der Thomanerchor für höchste musikalische Leistung, heute zählt man die Thomaskantoren mit dem Zusatz "... der zehnte, der zwölfte, sechzehnte Thomaskantor nach Bach..." - damals ist das Alles anders. Alles ändert sich allerdings mit dem Wirken Bachs. Die Stimmen der jungen Sänger leiden. Es ist die Folge nach häufigen Einsätzen der Chöre. Daraus resultieren um sich greifenden Erkältungen nach stundenlangem öffentlichen Singen, um Geld für die Schule zu sammeln. Das wiederum führt natürlich zu einer Vernachlässigung der musikalischen Ausbildung. Besonders negativ wirkt sich das Kurrendesingen aus. Entsprechend einer Jahrhunderte alten Sitte singen die Leipziger Chöre bei allen festlichen Anlässen, und das ganz besonders natürlich in der Adventszeit. Dazu marschieren die Schüler von Haus zu Haus und singen bei jedem Wetter. Natürlich auch bei Minusgraden, bei Regen, Schnee und Eis ... in Häusern, auf der Straße, in Hauseingängen und auf Treppenstiegen. Alles, um Geld zu sammeln - um dieses auch untereinander zu verteilen. Natürlich nutzen sich die Stimmen bei dieser Belastung ab. Das Geld wurde in aller Regel sofort wieder vergeudet. Zu dieser Zeit kommt in Deutschland die Oper auf und sie ist eine starke Anziehungskraft für diese Schüler. Es ist eine Verlockung, bei diesen Aufführungen dabei zu sein, sogar mitzuwirken. Und ganz besonders natürlich der Aspekt, dass dort heitere, weltliche Musik präsentiert wird, ist Anlass für die Jugendlichen, über die Enge des Internatslebens hinaus in eine Märchenwelt in einem prächtigen Rahmen "einzutauchen".


 

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Kantor und Musikdirektor

Es sind also eine ganze Anzahl von Schwierigkeiten und Herausforderungen, die Johann Sebastian Bach mit diesem Amt als Thomaskantor in Leipzig erwarten. Ob er sich dessen richtig bewusst war, kann man heute nicht mit Sicherheit wissen, denn von Johann Sebastian Bach sind nur sehr vereinzelte Dokumente erhalten, die diese Situation betreffen. Es bleibt für ihn ein gewagter Schritt ins Ungewisse. Es ist der Schritt auf der Karriereleiter eine Stufe hinab. Vom Kapellmeister in Köthen zum Thomaskantor in Leipzig. Geführt fühlt er sich von Gott selbst. Und er sagt sich, dass die Kunst Gottesdienst sei und dass seine Kirchenmusik die höchste Vollendung erreichen werde. Er hat das Selbstvertrauen und die Geduld, den Thomanerchor nach dem zu formen, was er sich, ähnlich seiner Musik, im Geiste durchaus vorstellen konnte. Selbst wenn dafür ein langer Weg und viel, sehr viel, Geduld nötig waren. Er will einfach den Thomanerchor zu einem, zu seinem "Musikinstrument" gestalten, der mit der Aufführung seiner Kantaten und seiner Kirchenmusik schließlich das gesamte Musikleben Leipzigs nachhaltig verändert und neu prägt.

 

Johann Sebastian Bach geht ein Ruf voraus. Und er ist sich dessen bewusst. Und so versteht er tief in seinem Inneren die Position in Leipzig auch nicht als die eines Lehrers, sondern als die einer Art städtischen Musikdirektors - und nicht die Stellung als Lehrer mit gewissen allgemeinen Nebenaufgaben. Erst sieht er den Schuldienst als wohl oder übel auszuführenden Nebenaspekt. Offensichtlich wird diese seine Sicht seiner Anstellung auch aus Schriftstücken, die Bach unterzeichnet. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern, die hinter deren Namen die Berufsbezeichnung Kantor führten, unterschreibt Johann Sebastian Bach mit "Musikdirektor und Kantor" oder auch einfach mit "Musikdirektor". Nur dann, wenn es sich tatsächlich und ausschließlich um schulische Angelegenheiten handelt, unterschreibt er mit der Amtsbezeichnung "Kantor". Selbstverständlich fällt dies der Stadtbehörde negativ auf. Und es wird entsprechend in den Akten vermerkt. Aber, wie bei der Festlegung, welche Lieder im sonntäglichen Gottesdienst gesungen werden sollen, setzt Bach mit seiner Form der Unterschrift seinen Willen durch - und bleibt bei seiner Formulierung. Ganz allgemein lässt sich Bach in seine Arbeit wenig hineinreden. Er behauptet seine künstlerische Freiheit oft dadurch, dass er den Rat der Stadt und das Konsistorium geschickt gegeneinander ausspielt, was ihm nicht schwerfällt, besonders wenn zwischen diesen ohnehin Spannungen bestanden. Hat Bach Probleme mit dem Rat, beschwert er sich beim Konsistorium - und hat er Probleme mit diesem, dann tut er es in die andere Richtung.


 

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Zwei Universen: Einerseits Bachs Musik – andererseits Bachs Alltag

Natürlich ist keine Überraschung, dass Johann Sebastian Bach bei diesen Unwidrigkeiten in den ersten Jahren seiner Tätigkeit in Leipzig mit gewaltigen Schwierigkeiten und Anfeindungen zu kämpfen hat. Trotzdem ist es für ihn künstlerisch eine sehr produktive und vor allem kreative Phase. Neben den unzähligen Kantaten entstehen vor allem die beiden großen Passionen - die Johannes-Passion 1724 und die Matthäus-Passion, die in der Karwoche des Jahres 1727 zum ersten Mal uraufgeführt wird.

 

Nebenbei: nicht mit einem Wort wird die Uraufführung der Matthäus-Passion, das bedeutendste Werk in der christlichen Musik, in der damaligen Leipziger Tageszeitung erwähnt. Beide Passionen sind unsterbliche Werke des Meisters vom Leiden und Sterben von Jesus Christus in einer großartigen musikalischen Folge von Instrumentalsatz, Sprechgesang, Erhöhung des Sprechgesangs zur Melodie, dem Solo-Gesang, Chorgesang und Choral. Dabei reicht diese Art der Darstellung der Leidensgeschichte bis ins Mittelalter zurück. Denn schon früh wollten Menschen die Leidensgeschichte Christi in bildlichen, musikalischen und schauspielerischen Darstellungen zelebrieren. Aus den Gesängen, die im zwölften Jahrhundert innerhalb der Passionsspiele üblich waren, entwickelte sich langsam die musikalische Passion bei den Komponisten vor Bach. Die bedeutendsten sind Johannes Walter, ein Berater Luthers und Heinrich Schütz.

 

Die Passionen von Johann Sebastian Bachs sind unvergleichbare Meisterwerke. Aus dem evangelischen Gottesdienst entstammend, sind sie noch heute nicht nur einer Konfession zuzuordnen, sondern der gesamten Christenheit. Zwar entstammen sie dem Barockzeitalter, doch in der Tiefe ihres Wesens sind sie zeitlos. Sie sind die Brücke aus dem Mittelalter zur Musik unserer Tage. Mancher meint, dass die Musik von Bach der Architektur gotischer Dome näher ist, als der von Barockkirchen. Und seine Musik wirkt mit unverminderter Eindringlichkeit auf uns Menschen in der heutigen Welt. Die beiden Passionen von Bach, die Johannes-Passion und auch die Matthäus-Passion, sind dabei so überwältigende Offenbarungen der Kunst wie auch des Glaubens an Gott, dass man ihre Ausdruckskraft nur mit der Anmutung der größten Dome des Mittelalters vergleichen kann.


 

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Bachs berühmter Brief an Georg Erdmann

Nachdem das Passionsspiel seit der Reformation verfallen war, und auch in der bildenden Kunst das Motiv der Leidensgeschichte immer mehr in den Hintergrund trat, sieht Johann Sebastian Bach seine höchste Bestimmung darin, in seiner "heiligen Musik", der "musica sacra", das Opfer von Golgatha im Bewusstsein der damaligen Gesellschaft aufrecht zu erhalten.

 

Ganz besondere, bedeutende Ereignisse der abendländischen Kulturgeschichte sind es, als 1727 die Matthäus-Passion uraufgeführt wird und als 1730, anlässlich der Jahrhundertfeier der Augsburger Konfession, gleich drei große Kantaten von Johann Sebastian Bach zum ersten Mal die Ohren des Publikums erfreuen. Einzig... - den Rat der Stadt Leipzig beeindrucken sie keinesfalls. Für diese Magistratsherren ist ausschließlich wichtig, wie der Kantor seine Schulstunden abhält. Und dass der sich nicht zu viele Freiheiten nimmt, gleich, welcher Art. Viele Ereignisse provozieren den Rat und führen sowohl zu Vorwürfen, wie auch förmlichen Ermahnungen. So entwickelt sich auch aus der Tatsache, dass Bach sich für die von ihm zu erteilenden Lateinstunden einen Stellvertreter sucht, dessen Leistungen dem Rat schlichtweg nicht ausreichen, Unmut. Ganz bestimmt kommt dieser Stellvertreter Bachs ebenso schwierig mit den undisziplinierten Jugendlichen zurecht. Alles in Allem ist es eine Situation, die zu Problemen führen musste, über kurz oder lang. Die nächsten Schwierigkeiten ergeben sich, als der Rat den Universitätsstudenten Zuwendungen kürzt und zum Teil sogar streicht. Das hat Folgen für das Wirken Bachs, denn er braucht genau diese Studenten der Universität, um beim Thomanerchor mitzuwirken.  Trotz all' dieser Widrigkeiten setzt sich Bach gegen den Rat zur Wehr. Einmal einfach nur stur, hin und wieder aber auch schroff. Was wiederum nicht zu mehr, sondern natürlich zu weniger Wohlwollen des Rates führt. Letztlich äußern sich die Ratsherren, dass "... der Kantor rein gar nichts tue und unverbesserlich inkorrigibel sei..." und so vermindern sie sogar die Einkünfte von Johann Sebastian Bach.

 

Bach ist verärgert. Er ist sehr verärgert. Und gemessen an der Leistung, wie man sie später und heute anerkennt, mit Recht. Er erwägt tatsächlich, Leipzig zu verlassen. Am 28. Oktober 1730 schreibt er in einem Brief - genauer in seinem berühmten Brief an den Jugendfreund Georg Erdmann - vom Kummer, der ihn belastet. Erdmann ist inzwischen in Danzig und bekleidet dort ein hohes Amt. Johann Sebastian Bach schildert ihm, mit welchen hohen Hoffnungen er Köthen verlassen hat, um die Position in Leipzig anzutreten. Und er führt - im Wortlaut - aus: "... da ich aber nun finde, dass erstens dieser Dienst bei weitem nicht so erklecklich, als man mir beschrieben, zweitens viele Nebeneinkünfte dieser Stellung entgangen, drittens ein sehr teurer Ort und viertens eine wunderliche und der Musik wenig ergeben Obrigkeit ist, mithin fast in stetem Verdruss, Neid und Verfolgung leben muss, werde ich genötigt werden, mit dem höchsten Beistand mein Glück anderweitig zu suchen". Auch, wie es um seine Familie steht, führt Bach in diesem Brief aus. Er schreibt: "... ich bin zum zweiten Mal verheiratet und ist meine erste Frau selig in Köthen gestorben. Aus erster Ehe sind am Leben drei Söhne und eine Tochter. Aus zweiter Ehe sind am Leben ein Sohn und zwei Töchter. Mein ältester Sohn ist ein studiosus Juris, die anderen beiden besuchen noch eine Prima und eine Sekunda, und die älteste Tochter ist auch noch unverheiratet. Die Kinder anderer Ehe sind noch klein, der erstgeborene Knabe sechs Jahre alt. Insgesamt sind sie geborene Musiker, und kann versichern, dass ich schon ein Vokal- und Instrumentalkonzert mit meiner Familie veranstalten kann, zumal da meine jetzige Frau gar einen sauberen Sopran singt und auch meine älteste Tochter nicht schlimm einschlägt." 


 

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Johann Matthias Gesner, ein Lichtblick

Doch das Blatt und die Zustände scheinen sich genau zu dieser Zeit in Leipzig zu wenden. Die Zeit mit Rektor Ernesti, mit dem Bach so schwerlich zurechtkommt, ist zu Ende. Die Thomasschule bekommt einen neuen Rektor: Johann Matthias Gesner. Der ist nicht nur ein berühmter klassischer Philologe, sondern auch ein hervorragender Erzieher und Schulleiter. Mit dessen Wirken wird der Unterricht wieder straffer geführt. Er sorgt für ein Miteinander der Lehrer und er strafft ganz allgemein die Disziplin. Er gilt als Mann von Weitblick, vor allem aber erkennt er die Genialität von Bach. Denn er hat ein sehr fein ausgeprägtes Kunstverständnis. Und er ist sich über den Gewinn der Thomasschule an Prestige und Anerkennung bewusst, wenn es gelänge, dem Meister, also Johann Sebastian Bach, zur vollen Meisterschaft zu verhelfen. Ein Gewinn dann auch nicht nur für die Thomasschule, sondern für die ganze, bedeutende Musikstadt Leipzig. Einige Jahre später, als Gesner bereits Universitätsprofessor in Göttingen ist, schreibt er über Johann Sebastian Bach: "Ich bin sonst ein großer Verehrer des Altertums, aber ich glaube, dass mein Freund Bach viele Männer wie Orpheus und zwanzig Sänger wie Arion in sich schließt". Gesner zeichnet sich durch ein sehr umgängliches Wesen, vollendete Manieren und aber auch durch ein entschiedenes Auftreten aus. Er erwirbt sich so das grenzenlose Vertrauen des Rates. Denn ihm ist es gelingt es, die meisten Probleme zwischen Rat und Bach aus der Welt zu schaffen. Bach wiederum kann sich so manche Erleichterung verschaffen. Und so kommt es, dass sich nach und nach der Thomaskantor mit seinem Arbeitgeber, dem Rat der Stadt Leipzig, wieder versöhnt.

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Ernesti, der Zweite!

Lange allerdings dauert diese ruhige Zeit nicht. Bereits 1734, also genau vier Jahre nachdem Bach an seinen Jugendfreund Georg Erdmann geschrieben hatte, wird Johann Matthias Gesner an die Universität nach Göttingen berufen und verlässt Leipzig. Ausgerechnet wird wieder ein Mann mit dem Namen Ernesti Rektor. Mit dem ersten Ernesti ist der allerdings nicht verwandt: Johann August Ernesti - alleine der Name ist kein gutes Omen. Er ist als Rektor nun der direkte Vorgesetzter von Bach. Ernestis Alter: siebenundzwanzig Jahre, Bach ist neunundvierzig. Ernesti ist ein junger Erwachsener mit jugendlichem Ehrgeiz, ein Eiferer der klassischen Altertumswissenschaft. Er ist ehrgeizig und will aus der Thomasschule eine Musteranstalt machen. Er will keine "Bierfiedler", wie er die musikalisch begabten Thomaner nennt. Sondern er will junge Gelehrte heranbilden. Wie auch mit dessen Namensvetter kommen Bach und Ernesti 2 anfangs miteinander zurecht. Es herrscht ein gutes Einvernehmen.


 

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Der Präfekten-Streit

Doch bereits bald zeigt sich die grundverschiedene Auffassung der beiden sehr eigenwilligen Männer in Bezug auf den Wert von Musikerziehung. Rasch kommt es zu einer gegenseitigen Abneigung. Selbstverständlich dehnt sich das Thema auf die Zuständigkeiten aus. Auf die des Rektors auf der einen Seite und die des Thomaskantors auf der anderen. Zu dieser Zeit ist es üblich, dass jeder der vier Chöre bei den Gottesdiensten von einem "Präfekten" geleitet wird. Präfekten sind reifere, zuverlässige, meist ältere Schüler, die vom Kantor ausgewählt werden. Als die Stelle eines der vier Präfekten neu zu besetzen ist, fordert der Rektor, Ernesti 2, die Einsetzung eines ihm nahestehenden Schülers. Bach gibt zunächst nach, obwohl er wie Quellen belegen, diesen für einen "liederlichen Hund" hält. Außerdem zweifelt er auch an dessen Können. Weil der sich denn auch nicht bewährt, ersetzt ihn Bach kurzerhand durch einen anderen Schüler. Allerdings besteht nun Ernesti seinerseits auf die Wiedereinsetzung des Schülers seiner Wahl. Auf Geheiß des Rektors stellt sich nun dieser - trotz Bachs Ablehnung - an das Dirigentenpult. Bach gibt keinen Zentimeter nach und jagt den Schüler von der Kirchenempore die Treppe herunter. Nun will allerdings aus Angst vor Repressionen des Rektors auch kein anderer Schüler mehr diese Aufgabe ausführen. So passiert es, dass Johann Sebastian Bach schließlich höchstselbst die Leitung des Gottesdienstes übernimmt. Es kommt, wie es kommen musste: Ernesti wendet sich an den Rat und gleichzeitig an den Superintendenten. Ernesti bekommt Recht. Allerdings hält Bach sich auch an diese Verfügung nicht und bleibt störrisch. "...es möge kosten, was es wolle!" ... soll er sich zum Thema geäußert haben. Aber auch Bach weiß diese politische Rauferei zu führen und er wendet sich an den sächsischen Kurfürsten und polnischen König August III. Der beendet daraufhin per Dekret den Streit und entscheidet: Er gibt Bach recht.

 

1737 ist Bach bereits ein Jahr zum Königlichen Hofkomponisten ernannt. Zu verdanken hat er diese Beförderung und Würdigung seiner Lebensleistung vor allem der königlichen Kanzlei in Dresden. Jahrelang hat er sich intensiv um die Gönnerschaft des Königs beworben. Aus genau diesem Grunde komponiert er auch mehrere Festkantaten für den König. Bereits 1733, also drei Jahre vor seiner Ernennung zum Königlichen Hofkomponisten ließ er ihm die Kompositionen überreichen. Dazu kommen die ersten Teile seiner h-Moll-Messe mit einer eigens komponierten, untertänigen Widmung. Bach erhofft sich mit Erfolg genau von diesem Werk, dass es einen besonderen Endruck auf den katholischen Herrscher macht.

 

Genau für eben dieses Werk, das größte seiner Chorwerke, hatte sich Bach eine Uraufführung in der Sophienkirche zu Dresden erhofft. Nur ist es dazu nie gekommen. Mehr und heftiger noch: Bach selbst hat eine komplette Aufführung seiner h-Moll-Messe niemals selbst erlebt. Nur einzelne Segmente kann er hin und wieder in den Kirchen in Leipzig singen lassen. In diesem außerordentlichen Werk erklingen lateinische Texte des festlichen Gottesdienstes der katholischen Kirche, wie sie zu einem guten Teil auch damals im evangelischen Gottesdienst noch bewahrt wurden. So sieht Bach sicherlich auch in dieser Chor- und Orchestermesse eine Brücke zwischen den beiden Konfessionen. Angeregt zu dieser Meisterleistung war Bach ganz sicher durch die Messen von Palestrina und anderen italienischen Meistern, die Bach in Dresden hörte und studierte. Und Bachs Gedanken gelten ganz sicher bis in unsere heutige Zeit, in der die h-Moll-Messe in der Kirche wie in Konzertsälen erklingt und lebendiger als je zuvor wirkt. Mit ganzen sechzehn Chören, drei Duetten und sechs Arien stellt sie eines der erhabensten und unerschütterlichsten Zeugnisse des gesamten christlichen Glaubens dar.


 

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Geht doch!

Als schließlich der sächsische Kurfürst und polnische König August III den Streit zwischen dem Kantor und dessen vorgesetzten Rektor entschieden hatte, leben, unterrichten und wirken die beiden Kontrahenten Bach und Ernesti eine ganze Zeit lang ohne weitere Zwischenfälle nebeneinander her. Besser: man geht sich aus dem Wege und versucht, den Kompromiss zu suchen und sich wenig zu provozieren. Es gibt keine erheblichen Zwischenfälle, wenigstens eine Zeitlang. Bach erfüllt seine Pflichten mit Gelassenheit und arbeitet am Leistungsstand des Thomanerchores. In seiner Tätigkeit als Lehrer an der Schule sieht er weniger denn je seine Aufgabe. Mehr und mehr widmet er seine Zeit der Komposition und gleichermaßen dem öffentlichen Musizieren in der städtischen Musikvereinigung. Auch Konzertreisen gehören zu seinem Arbeitsjahr. Er reist nach Dresden, nach Köthen und in weitere Orten in Thüringen, um dort Konzerte zu geben. Und auch eine weitere Begabung kann Bach in dieser Zeit wieder ausleben: Er kann seine Fähigkeiten, die er im Orgelbau hat, nutzen. Vielfach beauftragt man ihn mit Prüfungen und Begutachtungen neuer Orgelbauten. 


 

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Die Leipziger Bevölkerung und Bach

Die Leipziger Bevölkerung liebt Bach. Viele, viele Jahre sieht sie in Bach den unumstrittenen Lenker des gesamten Leipziger Musiklebens. Zudem kommt kein einziger Musiker mit Rang und Namen in die Stadt Leipzig, ohne Johann Sebastian Bach seine Aufwartung zu machen. Und auch Johann Christoph Gottsched, der erfolgreiche und strittige Literaturreformer der Aufklärungszeit sowie viele Professoren der Leipziger Universitäten zollen ihm Respekt. Das widerspricht Allen, die der Annahme sind, Bach wäre erst lange nach seinem Tode berühmt gewesen. Natürlich ist die heutige weltweite Dimension der Anerkennung eine andere. Und man muss die Anerkennung unterscheiden, die dem Komponisten Bach galt und der Begeisterung für den Musiker Johann Sebastian Bach. Die Würdigung von Bachs Kompositionen stellt allerdings seine unvergleichliche Kunst als Meister im Orgelspiel und des Klavierspiels sehr langsam in den Schatten. Denn natürlich erlebte man Bach zu dessen Lebzeiten mehr als begnadeten Musiker. Einen Überblick über die gesamte Güte und Dimension von Bachs Werk hatte die breite Bevölkerung damals natürlich nicht. Bach erreicht, was für ihn wichtig ist. Das ist zuallererst das Auskommen für seine Familie zu verdienen und schließlich das Wirken in seiner Musik, und zwar dem Schaffen neuer Werke wie auch bei einer unbehinderten Ausübung seines öffentlichen Spiels. Und Bach will die Anerkennung, die ihm zusteht: die Würdigung dieses öffentlichen musikalischen Wirkens. Darüber hinaus... - legt er seine Sorgen in Gottes Hand.

 

Viele schließen daraus, damals wie heute und in den runden 250 Jahren dazwischen, dass Bach überhaupt nicht bewusst gewesen war, von welcher Bedeutung sein Schaffen gewesen ist. Auch die Antwort von Bach auf die Frage, wie er sich ein solches Können erkläre: "... ich habe fleißig sein müssen, wer ebenso fleißig ist, der wird es ebenso weit bringen können" scheint diese Annahme zu untermauern. Dagegen allerdings spricht, dass Bach mit den anderen Größen dieser Zeit, mit Händel, Telemann, Hasse und weiteren Meistern einen regelmäßigen Gedankenaustausch pflegt. Richtig ist natürlich andererseits, dass er nicht nach äußerlichem Ruhm strebt. Aber sicherlich basiert die Bescheidenheit auch darauf, dass er sein Können und die Vollendung seiner Kunst als Gabe Gottes versteht. Auf seinen Partituren stehen die Zeichen S.D.G, beziehungsweise Soli Deo Gloria, was in Deutsch übersetzt heißt "Gott allein zur Ehre". Oder auch die Buchstaben "J.I." beziehungsweise Jesu iuva, also "Jesus hilf". Und auch in den Lehrbüchern, die alle seine Schüler lasen, heißt es: "Aller Musik Endursache ist anders nicht als Gottes Ehre und Recreation des Gemüts. Wo dieses nicht in Acht genommen wird, da ist's keine eigentliche Musik, sondern ein teuflisches Geplärr und Geleier". 

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Der private Johann Sebastian Bach

Obwohl über den privaten Johann Sebastian Bach wenig bekannt ist - man hat so wenig Kenntnis wie fast von keiner anderen Persönlichkeit ähnlicher Dimension - weiß man doch, dass Bach ein guter Bürger gewesen ist, ein sogenannter Hausvater und ein gewissenhafter Diener der Fürsten. Immer allerdings bewahrt er sich dabei die innere Unabhängigkeit des Künstlers, des Musikers. Gottvertrauen begleiten ihn durch die hellen wie auch die dunklen Zeiten seines Lebens. Gelassen soll er gewesen sein, sicherlich auch hin und wieder aufbrausend, aber mit einer Geduld und Ruhe. Mancher sagt ihm sogar eine gewisse Portion Humor nach, in wenigen seiner Werke spiegelt sich das wider. Besondere Zeugnisse dafür sind seine weltlichen Kantaten, von denen allerdings viele nicht mehr erhalten sind. Von manchen sind nur noch die Texte erhalten, die er zum Teil selber verfasste. Da schreibt er über das "erwählte und vergnügte Leipzig". Und fröhlich bekennt er, wie er sich trotz aller Reibereien auch in Leipzig wohlfühlt. 


 

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Über die Kaffee- und andere Kantaten

Einige Kantaten hat Bach zu öffentlichen Feiern der Stadt komponiert. Und auch anlässlich von Ehrentagen hervorragender Persönlichkeiten der Stadt. Oft werden diese Chöre, Duette und Arien dann in Szenen vorgetragen - Sängerinnen und Sänger tragen dazu farbenfrohe Kostüme. Die Plätze, an denen diese Spektakel stattfinden, sind das Ufer der Pleiße, die abends mit Fackeln dazu erleuchtet sind. Und geschmückte Boote fahren auf dem Fluss. Promenaden dienen als Kulisse und es gibt lauschige Plätze, die in den Lustgärten von Büschen und Hecken umrahmt sind. Bachs Jagdkantate, die Namenstagkantate, die Hochzeitskantate und weitere Festtagskantaten sind voller heiterer Lebenslust und leichter Anmut. Fröhliche Bachsche Tanzweisen sind noch im letzten Jahrhundert in den Dörfern rund um Leipzig beliebt. Diese kleinen, weltlichen Kompositionen verraten auch zwischen ihren Zeilen, dass Bach den kleinen Freuden des Lebens durchaus nicht abgeneigt ist. Tabak und Kaffee spielen dabei ganz sicher eine Rolle. Das kleine, lustige Singspiel "Kaffeekantate" wird bis im letzten Jahrhundert auch als Puppenspiel dargestellt. Die Hauptpersonen sind dabei der Vater Schlendrian und die schlaue und drollige Jungfer Liesgen. Man vermutet, dass sich hinter den Figuren Johann Sebastian Bach höchstselbst und dessen Tochter verbirgt, die - wen wundert es - ebenso Liesgen heißt. Allerdings ist zum Verständnis nötig zu wissen, dass damals das Kaffee trinken, in Bürgerhäusern, noch recht verpönt ist. Und eben Liesgen gerne und heimlich diesen Kaffee braute. Solange, bis es selbst dem wohlwollenden Herrn Vater zu bunt wird. Er ermahnt sie, dass sie nie einen Man bekommen würde, wenn sie denn das Kaffee trinken nicht ließe. Liesgen ist listig und verspricht, den Kaffeegenuss zu beenden, wenn der Vater ihr im Gegenzug einen Mann anbringen würde. Allerdings, als dieser auf die Freiersuche geht, postuliert sie heimlich: "Kein Freier komm' mir in das Haus, er hab' es mir denn selbst versprochen, dass mir erlaubet möge sein, den Kaffee, wie ich will, zu kochen." Liesgen meint, sie müsse auch kein frisches, begehrenswertes junges Mädchen sein, wenn sie ihr Ziel erreiche. Dieser lustige Vers ist übrigens das Werk von einem Hausfreund Bachs, Henrici. Dieser Henrici nannte sich als Dichter übrigens Picander. Zu Liesgen Bach ein Nachsatz: sie heiratet übrigens später einen begabten Schüler Bachs mit dem Namen Altnikol, der schließlich Organist in Naumburg wird.

 

Man meint sogar mit der spritzigen, gemütvollen, launigen Vertonung der "Kaffeekantate" einen Blick in das Familienleben der Bache zu erhalten. Neun Kinder verbleiben Johann Sebastian Bach. Mit beiden Frauen hatte er zusammen 20. In der zweiten Ehe schenkt ihm Anna Magdalena zu den beiden Söhnen und der einen Tochter aus der ersten Ehe drei weitere Söhne und noch eine Tochter. Weitere Kinder sind früh verstorbenen. Dass von diesen fünf Söhnen alle musikalisch sind und vier sogar berühmt werden, ja berühmter als der Vater zu seiner Zeit, muss ihn wohl maßlos mit Stolz erfüllt haben. Wilhelm Friedemann, der älteste Sohn, der 1710 geboren war, wird zuerst Organist in Dresden, später dann in Halle. Carl Philipp Emanuel, vier Jahre später geboren, wird Cembalist an keiner geringeren Stelle als am Hofe Friedrichs des Großen in Potsdam. Später wechselt er nach Hamburg und wird dort hoch angesehener Kirchenmusikdirektor. Johann Christoph, Sohn von Anna Magdalena und Johann Sebastian Bach, geboren 1732, wird bereits mit 18 Jahren Kammermusiker und später Kapellmeister in Bückeburg. Und schließlich zeigt sich auch bei Johann Christian schon in sehr jungen Jahren die bachische Begabung. Er wirkt später sogar in Mailand und London und seine Werke werden von manchen Musikliebhabern als Brücke zwischen dem Werk seines Vaters und dem von Wolfgang Amadeus Mozart bezeichnet. 

 

Neben den vielen Todesfällen - immerhin erlebt Johann Sebastian Bach neben dem Tod seiner ersten Frau den von elf seiner Kinder - macht ihm einer seiner Söhne so sehr Kummer, dass es bis in die heutige Zeit überliefert ist. Gottfried Bernhard, auch ein Musiker, und kein schlechter, wird bereits mit dreiundzwanzig Jahren Organist in Mühlhausen. Aber er ist nicht, wie die anderen Mitglieder der Musikerfamilie. Ein lockeres Leben sagt man ihm nach. Und er macht Schulden. Er treibt sich herum und er lässt einmal sogar seinen Vater diese Schulden begleichen. Noch einmal ganz von vorne anfangen will er. Als Student in Jena, bevor er plötzlich stirbt. Woran, ist der Nachwelt nicht bekannt. Bach ist bestürzt über diese Entwicklung eines seiner Kinder, sind doch alle anderen wohlgeraten. In einem verbitterten Brief von 1739 schreibt Johann Sebastian Bach: "Was soll ich sagen oder tun? Da keine Vermehrung, ja, keine liebreiche Vorsorge mehr zureichen will, so muss ich mein Kreuz in Geduld tragen, meinen ungeratenen Sohn aber lediglich göttlicher Barmherzigkeit überlassen, nicht zweifelnd, dieselbe werde mein wehmütiges Flehen erhören und endlich nach ihrem Willen an ihm arbeiten, dass er lerne erkennen, wir die Belehrung einzig und allein der göttlichen Güte zuzuschreiben."

 

Natürlich bereit ihm sein Sohn Gottfried Heinrich, der 1724 zur Welt kommt, noch größere Sorge, ist dessen Geist und Gemüt doch getrübt. Man sagte damals, "... nur zeitweilig fällt ein Lichtstrahl in die Dämmerung seiner armen Seele." Zu solch einer Zeit allerdings kann sogar der behinderte Sohn von Bach einem Klavier die Töne entlocken, die das Herz ergreifen. Das ist allerdings nie von langer Dauer und sein Gemüt fällt in den "... irren Trübsinn..." zurück.


 

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Johann Sebastian Bach und Friedrich der Große von Preußen

In den Jahren ab 1740 zieht sich Bach mehr und mehr aus dem öffentlichen Leben zurück. Kaum spürbar zunächst. Und trotzdem läßt er in seinem Schaffen nicht nach. Weltliche Werke und kirchliche Kompositionen konkurrieren mehr und mehr, vermengen sich, spalten die Leipziger Bevölkerung, seine Bewunderer und seine Kritiker. Man berichtet, dass in kirchlichen Kreisen der weltliche Einschlag von Bachs Musik negativ auffällt. Andere wiederum haben Probleme mit seiner Religiosität. Sie bemängeln, dass Bachs Religiosität - er predigt zwar nicht, noch eifert er und moralisiert er nicht - aber er verkündet in der Gewissheit des ewigen Lebens in Gott Frieden und Heiterkeit. Bach entscheidet sich in diesen Jahren für die Kirche, als eigentlichen Raum für seine Musik, nicht für den immer moderner werdenden Konzertsaal. 1743 schließen sich hochangesehene Leipziger zur "Konzertgesellschaft" zusammen. Bach... - findet man auf dieser Liste zunächst nicht, dagegen sechzehn einflussreiche Persönlichkeiten schon. Die Konzerte, die diese Gesellschaft fortan veranstaltet, finden im Gewandhaus, dem Meßhaus der Tuchhändler statt. Bis zum heutigen Tage sind die Leipziger Gewandhaus-Konzerte ein Höhepunkt im kulturellen Leben der Musikstadt.

 

1747, also drei Jahre vor seine Tode, erfährt Johann Sebastian nochmals eine seiner ganz großen Ehrungen, vielleicht sogar die allergrößte in seinem Leben. Königliche Anerkennung wird ihm wieder zuteil. Friedrich der Große, der preußische König in Potsdam und Berlin, selbst ein Musiker, genauer ein Flötist und den schönen Künsten zugetan, will Johann Sebastian Bach persönlich erleben. Mehrmals lässt er ihn durch seinen Sohn Carl Philipp Emanuel, der zu dieser Zeit im Dienste des Königs am Hof musiziert, einladen. Im Mai 1747 schließlich besteigt Bach die Postkutsche und reist nach Potsdam. Dort kommt er am 7. Mai des Jahre 1747 an. Er steigt in einem Gasthaus ab, gerade rechtzeitig, um sich noch in eine Liste eintragen zu lassen, die dem Regenten die Zahl und die Namen der sich in Potsdam am jeweiligen Tage aufhaltende Persönlichkeiten anzeigt und ihm dazu vorgelegt wird.

 

Der diensthabende Offizier überreicht dem König die "Liste der Fremden in Potsdam", als sich der Regent gerade im Musiksaal des Potsdamer Stadtschlosses befindet. Er ist umgeben von seinen Kammermusikern, deren Namen Graun, Quantz, Benda und eben auch Carl Philipp Emanuel Bach sind. Und von einigen musikinteressierten Offizieren. Immer in der Stunde vor dem Abendessen wird täglich konzertiert. Der König komponiert sogar und just an diesem Abend spielt man dessen Suite. Zum Ende des Spiels spricht keiner, kann doch niemand vor dem König das Wort ergreifen. Es ist eine seltsame Stimmung, das Licht von den herabhängenden Lüstern ist schummrig, der König überfliegt in dieser Stille die Liste, die man ihm reicht. Der König lächelt und verkündet: "Meine Herren, der alte Bach ist gekommen!" Selbstverständlich schickt er sofort nach Johann Sebastian Bach. Und bereits nach Ablauf von fünfzehn Minuten wird Bach zum König geführt. Von der Reise erschöpft. Ohne sich frisch gemacht zu haben, noch im Reiserock. Der König lächelt nur und deutet mit einer Geste der Unwichtigkeit an, dass sich Bach nicht entschuldigen soll. Die anderen Anwesenden begrüßen Bach ehrfurchtsvoll und herzlich. Und auch Carl Philipp Emanuel erfreut sich in diesem Moment angesichts der Tatsache, dass der Beehrte sein Vater ist.

 

Wie nicht anders zu erwarten, spielt Bach, wie nur er Musik machen kann. Im Laufe des Abends entwickelt er am Klavier aus einem vom König ausgedachten Thema eine wunderschöne Fuge. Später entspricht er dem Wunsch des Regenten und spielt eine sechsstimmige Fuge zu einem Thema der Eingebung seiner Majestät just in jenem Augenblick. Und König Friedrich bewundert Bach. Er steht hinter dem Thomaskantor am Klavier und ruft schließlich zu den Umstehenden aus: "Nur ein Bach! Nur ein Bach! Nur ein Bach!".


 

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Wieder in Leipzig

Als Bach nach Leipzig zurückkehrt, komponiert er sofort für den König. Es ein kostbares Variationenwerk, "Das musikalische Opfer", in dem er das Thema, das ihm der König am Tage seines Eintreffens in Potsdam angab, umsetzt. Zum Teil für Klavier, zum Teil für Streichinstrumente und auch für die Flöte. Bach führt es in dreizehn verschiedenen Arten aus, zum Beispiel als Fuge, als Kanon, als Sonate und mehr. Das Werk widmet Bach sogar dem König. Und aus diesem Werk erwächst dann die hohe "Kunst der Fuge", in dem jeder Satz "... vor Gott als untadelig bestehen sollte". 


 

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Die Jahre 1749 / 1750

1749 wird Bach krank und bis heute rätselt die Wissenschaft, was Auslöser für Bachs Augenprobleme ist. Ein Schlaganfall oder Diabetes. Vierundsechzig Jahre alt ist Bach inzwischen, als die Beeinträchtigung, nicht mehr sehen zu können, ihn besonders behindert. Zu dieser Zeit ist ein berühmter englischer Arzt auf seiner Reise in Leipzig. Es ist das Frühjahr 1750, als John Taylor Johann Sebastian Bach operiert. Nicht einmal, sondern zweimal. Und trotzdem spielt Bach auch in diesen Wochen - niemand hätte es anders erwartet - blind auf der Orgel der Thomaskirche. In gewaltigen und zarten Improvisationen führt er sein Gespräch mit Gott: ergeben, vertrauend, wartend, geduldig, versunken und in Erinnerung an die großen Stunden seines intensiven Lebens. Nicht einmal mit Komponieren hört er zu dieser Zeit auf. Seinen Schwiegersohn Altnikol bittet er, anzureisen: Der schreibt die Noten nieder, die ihm der Meister diktiert. Die Noten zu einem letzten, dann unvollendeten Werk - mit einem unvollendeten Orgelvorspiel mit dem bezeichnenden Titel "Wenn wir in höchsten Nöten sind". Die Ahnung des nahenden Endes wird ihm bewusst und er bittet Altnikol, dem Präludium einen anderen Namen zu geben. Es ist der Titel "Vor Deinen Thron tret' ich hiermit".


 

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Johann Sebastian Bach kann wieder sehen

Nur wenige Wochen vor seinem Tode geschieht dann das Wunder: Johann Sebastian Bach kann wieder sehen. Es ist wie durch Gottes Hand. Er sieht die Gesichter seiner Familie, seiner Frau und seiner Kinder. Er erlebt den Sommer an diesem Tag, er sieht wieder den blauen Himmel, die weißen Wolken, den Kirchturm, die Sonne - und seine geliebten Notenblätter. Er spielt Nun danket alle Gott! Kurz darauf - auch darüber ist man sich heute nicht einig, ob es denn Entkräftung ist, die mit beiden Operationen einhergeht oder ob es ein zweiter Schlaganfall ist - geht es ihm wieder schlechter und der Körper verzehrt die letzte verbliebe Energie. Zehn Tage lebt er noch. An seinem Sterbebett nehmen Anna Magdalena und seine Tochter Liesgen mit ihrem Mann, der Sohn Johann Christian und ein Schüler von Bach Abschied von einem der Größten der Musikgeschichte. Am Abend des 28. Juli 1750 nimmt Gott seinen begnadetsten Musiker zu sich.


 

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Die ersten Jahre nach Bachs Tod

Zehn Jahre lang überlebt ihn Anna Magdalena in einer für sie harten Zeit. Elend und Not sind für die Musikerfamilie Bach ohne ihren Meister Johann Sebastian an der Tagesordnung und während dieser Zeit umsorgt Anna Magdalena das Grab des Thomaskantors auf dem Leipziger Friedhof. Nach ihrem Tod allerdings schwindet die Erinnerung an Bach mehr und mehr - sowohl an seine Person, wie auch an sein Werk. Sicherlich, Musiker erinnern sich seiner Leistung immer. Die breite Öffentlichkeit allerdings vergisst Bach einfach. Robert Schumann sucht in den Zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts das Grab von Johann Sebastian Bach in Leipzig. Niemand weiß, wo es ist. Von Schumann erfährt man: "... viele Stunden forschte ich auf dem Friedhof kreuz und quer - ich fand keinen Johann Sebastian Bach, und als ich den Totengräber fragte, schüttelte er über die Unbekanntheit des Mannes den Kopf - "Bach... - gibt’s viele!".

 

Bachs künstlerische Hinterlassenschaft, sein Werk, wird unter seinen Söhnen verteilt und das Vergessen von Bachs Einzigartigkeit ist auch dieser Meisterleistung ärgster Feind. Denn selbst seine eigenen Söhne erkennen nicht diese unvergleichliche Hinterlassenschaft von Johann Sebastian Bach, ihre Bedeutung für die Musik und ihre Bedeutung für die Welt. Und so gehen viele Werke, die ihnen anvertraut wurde, nach und nach verloren. Natürlich sind damals im täglichen Kampf um Geld und Überleben diese Schätze der Unterschied zwischen einem Abendessen und keinem - aber diese Entwicklung trägt auch dazu bei, dass praktisch alles Wissen um Bach und sein Werk in einen Zauberschlaf von einem dreiviertel Jahrhundert verfallen. Erst der ebenfalls berühmte Musiker Felix Mendelssohn Bartholdy führt 1829 zum ersten Mal nach dieser unendlich langen Zeit die Matthäus-Passion wieder auf. In einer einfacheren Version, "... damit sie das Volk nicht überlaste". Das war 102 Jahre nach dem Bach sie schuf. Und seitdem verehrt die Welt den Komponisten Johann Sebastian Bach und erfreut sich auf der ganzen Welt an seiner göttlichen Musik aufs Neue. Heute ruht Bach ganz in der Nähe des Altars an Gottes Seite in der Thomaskirche zu Leipzig.

 

Sehr frei nach Bach-Biograf Felix Adam Kerbel, 1822 - 1901.

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